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Politik: Osten geht Metall-Kompromiss zu weit

Arbeitgeber in Sachsen: Abschluss nur für die alte Bundesrepublik / Pilotbezirk vereinbart 2,2 Prozent mehr Lohn

Berlin. Der Tarifkonflikt in der Metallindustrie ist noch nicht zu Ende. Der sächsische Arbeitgeberpräsident Bodo Finger kündigte am Donnerstag an, den Kompromiss aus Pforzheim nicht übernehmen zu wollen, da er „ein Abschluss für Westdeutschland“ sei. Gemeinsam mit den Tarifbezirken Sachsen-Anhalt und Thüringen strebe er weitere Verhandlungen an, sagte Finger dem Tagesspiegel. Falls der Abschluss aus Baden-Württemberg nicht im Osten übernommen wird, will sich die IG Metall dagegen wehren. „Wenn die sich quer legen, gibt es ein Stück Ärger“, sagte der ostdeutsche IG-Metall-Chef Hasso Düvel dem Tagesspiegel.

Am frühen Donnerstagmorgen hatten sich IG Metall und Arbeitgeber im Tarifbezirk Baden-Württemberg auf einen Kompromiss geeinigt. Danach steigen Löhne und Gehälter Anfang März um 2,2 Prozent und ein Jahr später um weitere 2,7 Prozent. Die Forderung der Arbeitgeber nach einem Arbeitszeitkorridor zwischen 35 und 40 Stunden, in dem Mehrarbeit auch ohne Bezahlung möglich sein sollte, konnte die IG Metall abwehren. Allerdings werden künftig mehr hoch qualifizierte Arbeitskräfte, zum Beispiel aus den Bereichen Forschung und Entwicklung, bis zu 40 Stunden in der Woche arbeiten können. Ferner haben die Tarifparteien verabredet, Abweichungen vom Tarifvertrag zu erleichtern, wenn dadurch Arbeitsplätze gesichert werden können.

In Politik und Wirtschaft wurde die Einigung überwiegend positiv aufgenommen. „Das ist ein guter Abschluss, gar keine Frage“, sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD). Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) begrüßte den Kompromiss als „Beweis für die Konsensfähigkeit“ in der Wirtschaft und sah sich „in dem Vertrauen bestätigt, dass wir in die Tarifparteien gesetzt haben“. Die Bundesregierung hatte sich im vorigen Dezember gegen die Einführung einer gesetzlichen Öffnungsklausel ausgesprochen und stattdessen die Tarifparteien aufgefordert, selbst für mehr Spielraum für die Betriebe zu sorgen. In der Union wurde der Kompromiss als sinnvoll bewertet, während in der FDP Kritik zu hören war. Auch Volkswirte äußerten sich skeptisch, neue Arbeitsplätze würden wegen der Einkommenserhöhung nicht geschaffen.

Auch Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt kritisierte die vereinbarte Lohnerhöhung, weil sie über der Produktivitätssteigerung liege. Positiv sei dagegen der „neue Gestaltungsspielraum“ für die Betriebsparteien bei der Arbeitszeit. Der Präsident des Verbandes der Autoindustrie, Bernd Gottschalk, äußerte sich überwiegend zustimmend. Der Tarifabschluss biete die Chance „für die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit“. Nur wenn die Kosten gesenkt und die Flexibilität der Betriebe erhöht werden, sei es möglich, „den Trend zur Verlagerung ins Ausland zu stoppen“, sagte Gottschalk.

Nach der Verhandlung am frühen Donnerstagmorgen hatte sich IG-Metall-Chef Jürgen Peters vor allem zufrieden darüber geäußert, dass die Öffnungsklausel für längere Arbeitszeiten verhindert werden konnte. Der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Martin Kannegiesser, räumte denn auch ein, die Arbeitgeber hätten in diesem Punkt mehr erreichen wollen.

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