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Osteuropa: Brandherd Moldawien

Nach der Wahl in Moldawien: Für die Ausschreitungen macht KP-Chef Wladimir Woronin Bukarest für die Unruhen verantwortlich. Doch die Unruhen könnten auch auf die Ukraine übergreifen.

In nur 24 Stunden sollen die Stimmen, die am vorvergangenen Wochenende bei den Parlamentswahlen in der Ex-Sowjetrepublik Moldawien abgegeben wurden, neu ausgezählt werden. Darauf hatte die Opposition gestern bestanden. Die liberalen Parteien hatten den Sieg der seit acht Jahren regierenden Kommunisten angefochten, Protestmeetings waren letzte Woche zu schweren Unruhen eskaliert.

KP-Chef Wladimir Woronin machte für die Ausschreitungen zunächst vor allem Bukarest verantwortlich. Anhänger der Opposition hatten beim Sturm des Parlaments die Wiedervereinigung mit Rumänien gefordert, zu dem Moldawien bis 1940 gehörte. Auch kremlnahe Medien in Russland verbreiteten diese Version. Sonntagabend brachte Staatssender RTR jedoch eine andere: Anstifter seien moldawische Ableger nichtstaatlicher Organisationen aus den USA und der EU. Als Kronzeugen präsentierte RTR Teilnehmer der Pogrome, die von westlichen Organisationen eine Viertelmillion Euro erhalten haben wollen. Vor allem für die SMS, mit denen Jugendliche zu sogenannten Flash mobs aufgerufen wurden, bei denen sich Hunderte zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort einfinden und aktiv werden.

Mehrere Mitglieder oppositioneller Jugendorganisationen brüsteten sich denn auch vor laufender Kamera, jeder von ihnen hätte in der Nacht vor den Ausschreitungen um die 2000 dieser Kurzmitteilungen per Handy versandt. Andere wollten sogar Lageskizzen des Parlaments bekommen haben, aus denen hervorging, wo sich die wichtigsten Büros befinden.

Russische Experten hatten die Unruhen von Anfang an mit einem Racheakt des Westens erklärt: Europa und die USA fürchten, künftig bei Verhandlungen um eine Beilegung des Transnistrien-Konflikts außen vor zu bleiben. Die von Russen und Ukrainern bewohnte Region am linken Dnestr-Ufer hatte sich 1992 nach blutigen Kämpfen für unabhängig erklärt. Enttäuscht von siebzehn Jahren fruchtlosem Krisenmanagement im Format fünf plus zwei – OSZE, EU, USA, Russland und die Ukraine, dazu Rumpf- Moldawien und Transnistrien – versuchte Präsident Woronin schon 2003, sich mit den Separatisten unter rein russischer Vermittlung auf einen Kompromiss zu einigen: Autonomie, so umfassend, wie Italien sie 1972 Südtirol gewährte, gegen Verbleib Transnistriens im moldawischen Staatsverband.

Doch OSZE und EU verhinderten in letzter Minute ein unterschriftsreifes Abkommen. Weil die Zwei-Plus-Fünf-Verhandlungen weiter auf der Stelle treten, trafen sich Woronin und Separatistenchef Igor Smirnow unter Aufsicht von Russlands Präsidenten Medwedew Ende Februar erneut. Woronin gab sich hinterher verhalten optimistisch. Die moldawische Opposition warf ihm aber Landesverrat vor und drohte dunkel, diesen zu vereiteln. Fünf Wochen nach Wahlen, die internationale Experten als frei bezeichneten, kam es zur Gewaltorgie. Mehr noch: Experten fürchten, die Unruhen könnten auf Gebiete mit kompakter rumänischer Bevölkerung in der Ukraine übergreifen.

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