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Politik: „Ostfeldzug der deutschen Wirtschaft“

Empörung über Mai-Rede eines DGB-Funktionärs

Verden - Satiriker dürfen fast alles – aber was darf ein DGB-Mairedner? Darf er die EU-Osterweiterung satirisch mit dem Nazi-Einmarsch in Polen 1939 vergleichen? Darüber wird seit Tagen in der Kreisstadt Verden bei Bremen gestritten. Sogar DGB-Chef Michael Sommer wurde eingeschaltet. Die Rede, die das ehrenamtliche Regionalvorstandsmitglied des DGB, Heinz-Dieter „Charly“ Braun, am 1. Mai vor dem Verdener Rathaus hielt, hatte es in sich. Der 56-Jährige verkündete „Neues von der Ostfront“: „Seit heute morgen um 5 Uhr 30 hat der osteuropäische Feldzug der deutschen Wirtschaft begonnen … Der Sender Gleiwitz befindet sich wieder in deutscher Hand und wurde bereits um 8 Uhr 45 von der Bertelsmann-Gruppe besetzt ... Die deutschen Unternehmer ... verabschieden sich hiermit für immer von Deutschland.“

Der örtliche Unternehmensverband schimpfte prompt über die „Geschichtslosigkeit des Redners“. Beschämend und abwegig – so auch die Reaktion der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Verden. Und die CDU fragte mit „heller Empörung“ im Stadtparlament, warum sich Bürgermeister Lutz Brockmann (SPD) nicht sofort von Brauns Auftritt distanziert habe. Brockmann reagierte gelassen: Der Redner habe sich als langjähriger Kabarettist vorgestellt, und er selber habe „das Satire-Zitat als schlechtes Kabarett gewertet“. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Reinhard Grindel begnügte sich nicht mit lokalen Anfragen, sondern protestierte gleich beim DGB-Bundesvorsitzenden. Sommer antwortete schnell: Bei der strittigen Passage handele es sich um ein Zitat aus dem Magazin „Eulenspiegel“ und nicht um Brauns eigene Worte. In vorsichtiger Distanzierung fügte der DGB-Chef hinzu: „Natürlich kann man stets darüber streiten, ob und was Satire darf und was Satire in einer Mai-Rede zu suchen hat.“

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