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Otty Schily: Heimliche Nebengeschäfte

Der Bundestagsabgeordnete Otto Schily weigert sich, alle seine Einnahmen offenzulegen – womöglich hat er Grund dazu. Der Vorwurf: Beratungshonorare von Siemens.

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Für die einen ist es das letzte Gefecht eines alten Mannes, für die anderen jedoch eine Frage der politischen Kultur: Es geht darum, womit ein Politiker Geld verdient und darum, wie glaubwürdig und unabhängig „die da oben“ sind, wenn sie über Recht und Gesetz entscheiden.

Konkret geht es um Otto Schily, 75 Jahre alt und SPD-Bundestagsabgeordneter. Einst Bundesinnenminister, wird Schily an diesem Mittwoch vom Präsidium des Bundestages wahrscheinlich öffentlich eines Rechtsverstoßes bezichtigt werden. „Feststellung“ heißt in den Verhaltensregeln für Abgeordnete dieser Vorgang. Schily weigert sich strikt, dem Bundestagspräsidenten seine Einnahmen aus seiner Rechtsanwaltstätigkeit so anzuzeigen, wie es das Gesetz vorsieht. Und wie es, nebenbei, alle Juristen im Bundestag handhaben. Nur eben Otto Schily nicht.

Vor vier Wochen hatte Parlamentspräsident Norbert Lammert dem Abgeordneten eine vierwöchige Frist eingeräumt, sich zu erklären. Dies sehen die gesetzlichen Verhaltensregeln vor. Man muss nicht den Namen des Mandanten nennen und auch nicht zwangsläufig das exakte Honorar. Es reicht, die Mandate mit 1 bis X aufzulisten und die Einkünfte zu klassifizieren. Allerdings ist auch das wohl schon zu viel für Schily. „Nicht vereinbar mit meiner Verpflichtung zur anwaltlichen Verschwiegenheit“ sei das, teilt der Ex-Verfassungsminister auf Anfrage mit. Ähnliches dürfte er auch Lammert geschrieben haben. Zu erwarten ist nun, dass das Präsidium formal den Fehltritt feststellt, den Fehltretenden anhört und ihn bei anhaltender Weigerung zum Einlenken zu einem Ordnungsgeld verdonnert. Rund 40 000 Euro maximal. In der Bundestagsverwaltung rechnet man mit jahrelangen Prozessen gegen Schily.

Eine parlamentarische Randnotiz? Vielleicht. Wenn da nicht im letzten Jahr im „Spiegel“ die Vermutung öffentlich geworden wäre, dass die Rechtsanwaltskanzlei Schily den stattlichen Betrag von 140 000 Euro für ein politisch pikantes Beratungsmandat erhalten haben soll. Den in Korruptionsvorwürfe verstrickten Siemens-Konzern soll Schily im Ausland beraten haben. Der Anwalt schweigt dazu, verweigert jedoch – wie beschrieben – die Offenlegung seiner Mandate. Weshalb man sich nun fragt, ob der Bundestagsabgeordnete Schily womöglich sein Amt mit anderen – eigenen – Interessen verquickt. Ob er vielleicht seine Kontakte als Mitglied im Auswärtigen Ausschuss im Interesse von Siemens genutzt hat.

Genau das, die Verstrickung von Amt und Privatinteresse nämlich, wird Schily auch noch in einem anderen Fall vorgeworfen. Und zwar vor dem Verfassungsgericht. Dort hat die Schriftstellerin Juli Zeh Klage eingereicht. Schily, argumentiert Zeh, profitiere heute persönlich davon, dass er bis 2005 als Innenminister die Voraussetzungen dafür geschaffen habe, dass in Deutschland der Ausstellung eines Reisepasses seit Ende 2007 biometrische Daten erfasst werden. Als „grotesk“ wies Schily die Anwürfe Zehs zurück, er habe als Aufsichtsratsmitglied der sich mit biometrischen Daten befassenden Firma „Biometric Systems AG“ Geld verdient. Und außerdem: Das Kontrollmandat habe er längst zurückgegeben.

Allerdings gibt es da auch noch die Münchner Firma „Safe ID Solution“. Auch in deren Aufsichtsrat sitzt Schily. Es handelt sich um ein Unternehmen, das von sich sagt, es biete „komplexe Lösungen“ bei der Herstellung von Pässen (auch mit biometrischen Implikationen) an. Und das im August 2006 den ExInnenminister Schily im Aufsichtsrat als einen „in unserem Technologiesektor bewanderten“ Politiker begrüßte.

Bis heute sitzt Schily nicht nur im Aufsichtsrat der Firma – und zwar ausgerechnet neben dem früheren Chef der Siemens-Beteiligung Infineon AG, Ulrich Schumacher. Schily ist an „Safe ID Solution“ auch beteiligt. Zwar nur mit einem sehr kleinen Anteil, wie er selbst sagt. Allerdings wächst das Unternehmen, das mehrheitlich internationalen Investmentgesellschaften gehört, seit Jahren beachtlich. 2008 will es erstmals Gewinn machen und wird wohl dadurch an Wert zunehmen – auch für kleine Beteiligungen.

Über Einnahmen aus diesem Unternehmen jedenfalls ist auf der Bundestags- Homepage von Otto Schily bis heute ebenfalls nichts zu lesen. Und das, wo doch das Unternehmen offenbar besonders zufrieden mit Schilys Arbeit ist. „Aufgrund seiner Kenntnisse und Stellung“, heißt es bei „Safe ID Solution“, könne Schily dem Aufsichtsratsmandat „besonders gut“ gerecht werden.

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