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Bei der Einkommensverteilung sieht es in Deutschland besser aus als bei der Vermögensverteilung.

© imago/Rolf Zöllner

Oxfam-Studie zu Ungleichheit: Deutschland steht gut da - trotz Defiziten

Eine Oxfam-Studie misst politische Maßnahmen gegen Ungleichheit weltweit. Die größten Probleme gibt es in Afrika südlich der Sahara.

Ganz oben steht Dänemark, aber schon den zweiten Platz nimmt Deutschland ein. Wenn es darum geht, Ungleichheit zu verhindern, ist die Bundesrepublik nach einer Vergleichsstudie der Entwicklungsorganisation Oxfam gut aufgestellt. Außergewöhnlich ist die gute Position allerdings nicht: Auf den ersten zehn Plätzen finden sich durchweg westeuropäische Staaten, darunter alle skandinavischen, die dank hoher Sozialstandards und effizienter Steuersysteme die Oxfam-Kriterien am ehesten erfüllen.

Denn darum geht es in der Studie: Wie gut sind die Sozialsysteme und die Arbeitnehmerrechte ausgebaut, um Ungleichheit vorzubeugen oder sie zu vermindern, und wie stark unterstützt das Steuersystem eine solche Politik? Ein wichtiger Maßstab ist, wie weit die Höhe des Mindestlohns einer Einkommensungleichheit entgegenwirkt. Deutschland ist in allen Kategorien unter den Top Ten der Oxfam-Erhebung: Ausgaben für soziale Sicherung, Bildung und Gesundheit, progressive Besteuerung (also nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit zunehmend) sowie Arbeitnehmerrechte und Mindestlohnhöhe. Nur Dänemark und Österreich schaffen das auch. Doch innerhalb der Kategorien sehen Oxfam und die beteiligte Organisation Development Finance International durchaus Defizite in der Bundesrepublik. Oxfam-Analystin Ellen Ehmke moniert, dass es vor allem bei der Bildungsfinanzierung hapere.

Zudem könne bei der Steuerprogression mehr gemacht werden. „Um Ungleichheit stärker zu reduzieren, müssten im Zusammenspiel aus Einkommens-, Verbraucher- und Unternehmenssteuern niedrige Einkommen stärker entlastet und größere Einkommen stärker belastet werde", so Ehmke. Bei den Einkommen sei zudem die Gleichstellung von Männern und Frauen zu verbessern und der Mindestlohn zu erhöhen.

Vermögen sind nicht einbezogen

Weil die Datenbasis international nicht gut genug ist, bezieht die Studie die Vermögensungleichheit nicht ein. Doch gerade hier hat Deutschland ebenfalls ein Defizit – jedenfalls im Vergleich mit anderen EU-Ländern. Hier ist die Vermögensungleichheit nur in Lettland höher. Andererseits wird in diesen EU-Zahlen ein Vermögensposten nicht berücksichtigt, der gerade in Deutschland wichtig ist: der individuelle Anspruch aus der gesetzlichen Rentenversicherung, der vor allem bei Mittelverdienern einen nicht unwesentlichen Vermögensanteil ausmacht.

Der Oxfam-Index weist nicht die tatsächliche Ungleichheit aus, sondern misst staatliches Handeln gegen Ungleichheit. Theoretisch könnten also auch Staaten aus Afrika oder Asien ganz oben stehen. Einige wenige stehen auch ganz gut da. Südafrika und Namibia etwa finden sich in der Liste noch vor der Schweiz, die vor allem wegen ihres Steuersystems nicht weiter oben erscheint als Platz 33 (von 157 Staaten). Auch Costa Rica und Tunesien rangieren noch im oberen Drittel.

Guyana, Lesotho und die Mongolei schneiden etwa so gut ab wie Russland, die Türkei und Südkorea, die sich immerhin noch im oberen Mittelfeld platzieren. Deutlich weiter unten (Platz 81) findet sich China, vor Peru und Mexiko, hinter Algerien und Samoa. Noch schlechter schneiden viele arabische Staaten ab. Aber auch Indien, trotz (oder wegen) des wirtschaftlichen Aufschwungs der vergangenen Jahre, der eine größere Mittelschicht zur Folge hatte.

Die größte Problemzone aber ist Afrika südlich der Sahara. Die Studie kommt zum Schluss, quer durch den Kontinent verhindere Ungleichheit, dass das vorhandene Wachstumspotenzial die Armut verringere, die Wohlstandsverteilung verbessere und das Entstehen einer breiteren Mittelschicht entstehen könne. Das Wirtschaftswachstum komme nur einer kleinen Minderheit zugute. Ganz am Ende der Oxfam-Liste steht Nigeria.

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