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Yousuf Raza Gilani

© AFP

Pakistan: Der Machtkampf hat erst begonnen

Als erste Amtshandlung ordnet der neue pakistanische Regierungschef Yousouf Raza Gilani die Freilassung aller inhaftierten Richter an - und stellt sich damit gegen Präsident Musharraf. Der Machtkampf zwischen den beiden hat erst begonnen, Forderungen nach Musharrafs Rücktritt werden jetzt schon laut.

Der neue pakistanische Regierungschef Yousouf Raza Gilani ist unmittelbar nach seiner Wahl auf Konfrontationkurs zu Staatschef Pervez Musharraf gegangen: Obwohl er erst am Dienstag vereidigt werden soll, ordnete er sogleich die Freilassung aller Richter an, die nach der Verhängung des Ausnahmezustandes durch Musharraf im November unter Hausarrest gestellt worden waren. Der von Musharraf abgesetzte Oberste Verfassungsrichter Iftikhar Muhammad Chaudhry konnte sich am Abend wieder frei bewegen. "Ich danke der ganzen Nation, die in den vergangenen Monaten für die Herrschaft des Rechts gekämpft hat", sagte er vor jubelnden Anhängern in Islamabad.

Gilani wurde von den Parlamentsabgeordneten mit großer Mehrheit - 264 von 342 Stimmen - als Premierminister gewählt. Er war von der Pakistanischen Volkspartei (PPP) der am 27. Dezember ermordeten Oppositionsführerin Benazir Bhutto aufgestellt worden, die bei der Wahl am 18. Februar als stärkste Kraft ins Parlament eingezogen war. "Ich ordne an, dass alle festgehaltenen Richter sofort freigelassen werden", sagte Gilani vor den Abgeordneten in Islamabad.

Nach einer Serie von Anschlägen hatte Musharraf am 3. November den Ausnahmezustand verhängt. Rund 60 Richter wurden entlassen, viele von ihnen verhaftet oder unter Hausarrest gestellt. Das Vorgehen der Sicherheitskräfte richtete sich vor allem gegen den Obersten Gerichtshof, der gerade die Rechtmäßigkeit der Wiederwahl Musharrafs überprüfte.

Forderungen nach Musharrafs Rücktritt

Bei der Wahl des Regierungschefs erhielt Gilanis einziger Gegenkandidat, der von den Anhängern Musharrafs aufgestellte Chaudhry Pervaiz Elahi, nur 42 Stimmen. Die Abgeordneten der Mehrheitsfraktionen riefen "Lang lebe Bhutto!" und forderten den Rücktritt des Staatschefs. Bhuttos Sohn Bilawal verfolgte die Wahl von der Tribüne. Er vergoss Tränen der Rührung und gratulierte Gilani zur Wahl. Er begrüßte den Beginn einer "neuen Ära wahrer Demokratie". Er sagte am pakistanischen Nationalfeiertag, die vor acht Jahren begonnene Reise zu Demokratie und Entwicklung erreiche jetzt ihr Ziel. Musharraf hatte sich 1999 an die Macht geputscht.

Der Ausgang des Machtkampfes in Islamabad erscheint ungewiss: Musharraf versicherte noch am Sonntag bei einer Militärparade zum Nationalfeiertag, er werde mit "allen Mitgliedern der neuen Regierung" zusammenarbeiten. Zwei Jahre nach dem unblutigen Putsch Musharrafs wurde Gilani 2001 wegen Amtsmissbruchs zu einer Haftstrafe verurteilt. Seine Loyalität gegenüber seiner Partei und dem Bhutto-Clan hat das nicht erschüttert. Während seiner fast sechsjährigen Haft soll er mehrere Angebote Musharraf-treuer Kräfte abgelehnt haben, die Seiten zu wechseln. Innerhalb der Partei genießt er dafür großen Respekt.

Die PPP bildet im neuen Parlament eine Koalition mit der Muslimliga von Ex-Regierungschef Nawaz Sharif. Ein Teil der neuen Regierungsmehrheit sähe es gerne, wenn Bhuttos Witwer Asif Ali Zardari bei einer Nachwahl im Mai ins Parlament einzöge und Gilani dann als Premierminister ablöst. Zardari sagte der Tageszeitung "The News" jedoch, Gilani werde für fünf Jahre im Amt bleiben, "nicht für drei Monate". In der vergangenen Woche hatte die Nationalversammlung in Islamabad erstmals in ihrer Geschichte eine Parlamentspräsidentin gewählt - auch Fahmida Mirza ist eine PPP-Politikerin. (nim/AFP/dpa)

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