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Pakistan-Experte Wagner: "Musharaf bleibt weiter eine starke Figur"

Die Partei Musharrafs muss eine bittere Niederlage hinnehmen. Kehrt Pakistan mit nun zur Demokratie zurück? Ein Interview mit Christian Wagner, Pakistanexperte der Stiftung Wissenschaft und Politik.

Ich denke die Demokratie hat mit diesen Wahlen einen großen Fortschritt in Pakistan gemacht. Wir haben jetzt wieder eine Regierung, die sich auf eine breite Legitimation durch die Bevölkerung stützen kann. Im Vergleich zur vorangegangenen Regierung ist das ein echter Fortschritt.

Mit Blick auf das Wahlergebnis: Ist doch weniger gefälscht worden, als zuvor immer befürchtet worden ist?

Vor den Wahlen hat es sicherlich Manipulationsversuche gegeben. In dem Moment, in dem die Opposition siegt, ist es aber immer schwierig, von Wahlfälschung zu sprechen. In einigen Regionen dürfte es aber durchaus Manipulationen zu Gunsten der einen oder anderen Seite gegeben haben.

Wie stark ist Präsident Pervez Musharraf jetzt noch mit so einem Wahlergebnis?

Ich glaube, Musharraf ist weiterhin eine starke Figur. Er wird natürlich mit der neuen Regierung zusammenarbeiten. Diese könnte zwar formal ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn in Gang setzen, aber um das abzuschließen, bräuchte sie eine Zweidrittelmehrheit, die sich für die PPP und die PML-N so noch nicht abzeichnet. Allerdings könnte es für Musharraf gefährlich werden, wenn sich einer solchen Koalition dann noch weitere kleine Parteien oder unabhängige Kandidaten anschließen.

In was für eine politische Richtung entwickelt sich das Land jetzt weiter?

Da wird es keine so großen Unterschiede zur Vorgängerregierung geben. Beide Parteien waren ja nun schon mal an der Macht und beide sind in einem sehr breiten Sinne liberal-konservativ geprägt. Das wichtigste Thema für die Menschen im Wahlkampf war die Wirtschaftslage, darauf wird sich die neue Regierung wohl vor allem konzentrieren müssen. Die Entwicklungsdefizite sind ja immer noch enorm. Da man jetzt auch in den Provinzregierungen keine religiösen Parteien mehr an der Macht hat, kann dort jetzt auch politisch sehr viel stärker gegen solche Gruppen vorgegangen werden. Allerdings sehe ich keine große Zäsur in der pakistanischen Politik. Wir sind eigentlich wieder da angekommen, wo wir Ende der 90er Jahre vor dem Militärputsch von Musharraf waren.

Wie sollten sich jetzt andere Staaten verhalten? Gerade die USA haben zuletzt starken Einfluss auf die pakistanische Politik genommen.

Viel wird vermutlich davon abhängen, ob und wie die neue Regierung in Pakistan auf Konfrontationskurs mit dem Präsidenten geht. Ich denke, auch die USA werden kein Interesse daran haben, dass es jetzt zu einer tiefgreifenden Auseinandersetzung der beiden gemäßigten Lager kommt, nämlich der großen Parteien auf der einen und Musharraf auf der anderen Seite, die man eigentlich gemeinsam braucht, um gegen die militanten Islamisten vorzugehen. Hier bleibt abzuwarten, ob das Ausland seinen mäßigenden Einfluss geltend machen kann, dass die Regierung auch mit dem Präsidenten zusammenarbeitet.

Das Gespräch führte R. Ciesingern

ZUR PERSON: Christian Wagner ist Leiter der Forschungsgruppe Asien und Pakistanexperte der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin.

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