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Politik: Pakistan lässt 3400 Oppositionelle frei Präsident Musharraf will offenbar am Wochenende als Armeechef zurücktreten / Wahlen am 8. Januar

Pervez Musharraf tritt offenbar nun die Flucht nach vorne an, um seinen möglichen politischen Sturz abzuwenden. Pakistans Militärherrscher werde wahrscheinlich noch am Wochenende als Armeechef zurücktreten und sich als Präsident vereidigen lassen, meldete die Zeitung „Daily Times“.

Pervez Musharraf tritt offenbar nun die Flucht nach vorne an, um seinen möglichen politischen Sturz abzuwenden. Pakistans Militärherrscher werde wahrscheinlich noch am Wochenende als Armeechef zurücktreten und sich als Präsident vereidigen lassen, meldete die Zeitung „Daily Times“. Zudem reiste er am Dienstag nach Saudi-Arabien, um mit König Abdullah die Beziehungen beider Ländern zu erörtern. Allerdings gibt es auch Spekulationen über ein mögliches Treffen zwischen Musharraf und seinem Rivalen Nawaz Sharif. Sharif lebt in Saudi-Arabien im Exil, seit er 1999 von Musharraf gestürzt wurde.

Zweieinhalb Wochen nach Verhängung des Ausnahmezustandes wurden inzwischen laut Behörden mehr als 3400 Kritiker und Oppositionelle wieder freigelassen. Weitere 2000 Anwälte, Journalisten und Oppositionspolitiker würden „bald“ auf freien Fuß gesetzt. Unterdessen verkündete die Wahlkommission den Wahltermin. Danach soll Pakistan am 8. Januar ein neues Parlament wählen. Musharraf traf am Dienstag in Saudi-Arabien ein. Ob es zu einem Treffen der Kontrahenten kommt, blieb zunächst unklar. Auf jeden Fall soll es Gespräche über Mittelsmänner geben. Der Chef der Muslim-Liga liegt nach Umfragen deutlich vor seiner Rivalin Benazir Bhutto und könnte bei den Wahlen das Rennen machen – wenn Musharraf ihn ins Land lässt.

Derweil wechselt Bhutto, Chefin von Pakistans bisher größter Partei PPP, immer wieder ihre Position. Vergangene Woche hatte sie den von den USA initiierten Machtpakt mit Musharraf aufgekündigt. Seit dem Besuch von US-Vizeaußenminister John Negroponte schließt Bhutto Gespräche mit Musharraf nicht mehr aus. „Die Frau hat überhaupt keine Linie“, sagte ein westlicher Diplomat.

Negroponte war am Wochenende nach Islamabad gereist und hatte Musharraf aufgefordert, Oppositionelle freizulassen und den Ausnahmezustand aufzuheben. Die USA blieben aber zurückhaltend. Merkwürdig blieb vor allem Negropontes Schweigen zu den entlassenen Verfassungsrichtern. Auch auf Nachfragen wollte er nicht verlangen, dass der General die unabhängigen Richter wieder einsetzt. Pakistans Staats- und Militärchef hatte den Ausnahmezustand am 3. November verhängt, um das unbequeme Verfassungsgericht loszuwerden. Es wollte seine Wiederwahl zum Präsidenten am 6. Oktober für nichtig erklären. Der 64-jährige will jedoch nur als Militärchef zurückzutreten, wenn er Präsident bleibt. Ein von Musharraf eingesetztes Gericht hat inzwischen die meisten Klagen gegen seine Wiederwahl als Präsident abgewiesen. Die letzte Klage wird es am Donnerstag höchstwahrscheinlich ebenfalls abweisen – damit wäre der Weg für Musharraf frei, die Uniform an den Nagel zu hängen und als Zivilist den Eid als Präsident abzulegen.

Musharrafs Nachfolger als Militärchef soll sein Vize Ashfaq Pervez Kayani werden. Dieser besuchte demonstrativ die Truppen im umkämpften Swat-Tal, wo die Taliban Dörfer eingenommen haben. Im Swat-Tal sind nun zehntausende Menschen auf der Flucht vor einer angekündigten Großoffensive der Armee. In Karatschi verprügelte die Polizei demonstrierende Journalisten und nahm landesweit mehr als 100 fest. Seit Tagen gibt es Protestaktionen von Bürgerrechtlern, Presseleuten und Juristen. Seit Donnerstag sind vier Nachrichtenkanäle wieder auf Sendung. Zwei andere, die für ihre kritische Berichterstattung bekannt sind, ließ Musharraf schließen.

Christine Möllhoff[Islamabad]

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