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Mit Schiffscontainern wurde Wege zum Regierungssitz abgeriegelt.

© Reuters

Pakistan: Neue Konfrontation im Atomstaat

Mit Massenaufmärschen am Donnerstag wollen zwei beliebte Politiker den pakistanischen Premier Sharif zum Rücktritt zwingen. Es droht ein Machtprobe.

Nawaz Sharif wirkt sichtlich angespannt, als er vor die Kameras tritt. „Ich werde niemanden erlauben, Anarchie zu verbreiten oder mit der Verfassung herumzuspielen“, sagt er in einer Ansprache an das Volk. Nur ein Jahr ist es her, dass er zum dritten Mal Premierminister Pakistans wurde. Doch schon jetzt spekulieren die pakistanischen Medien über ein baldiges Ende seiner Regierung. Gleich zwei selbsternannte Helden der Demokratie haben ihre Anhänger für Donnerstag zu einem „langen Marsch“ auf Islamabad aufgerufen, um Sharif, dem sie Korruption und Inkompetenz vorwerfen, zu stürzen und Neuwahlen zu erzwingen.

Der eine ist der Prediger Tahirul Qadri, der die meiste Zeit in Kanada lebt, aber nun plötzlich wieder in Pakistan auftauchte, um seine Anhänger auf die Barrikaden zu scheuchen. Der andere ist der ehemalige Kricketstar und heutige Politiker Imran Khan. So verschieden beide Männer sind, haben sie einiges gemein: Beide haben stattliche Anhängerzahlen. Beide haben für ihre Massenproteste ausgerechnet diesen Donnerstag, Pakistans Unabhängigkeitstag, gewählt. Und beiden wird nachgesagt, dass sie Gönner im Militär haben.

Für den Atomstaat mit seinen 180 Millionen Einwohnern könnte es problematisch werden, es droht ein langes Gezerre um die Macht im Land. Wie nervös die Regierung ist, erkennt man allein daran, dass sie riesige Schiffscontainer hat auffahren lassen, die nun die Wege zu ihrem Sitz versperren. Sie verschanzt sich gewissermaßen. In Islamabad wurden die Straßen ins Stadtzentrum und zum Parlament abgeriegelt. Khan wirft Sharif vor, dass die Wahl im Mai 2013 durch massiven Betrug verfälscht war. Er fordert wie Qadri sofortige Neuwahlen. Sharif hatte damals mit großem Vorsprung gewonnen.

"Blut für wahre Freiheit"

Obwohl es wie immer in Südasien Mauscheleien gegeben haben dürfte, halten die meisten westlichen Beobachter das Wahlergebnis allerdings für glaubwürdig. Dennoch bot Sharif Khan nun eine Überprüfung des Ergebnisses an, um in letzter Minute die Demonstrationen noch zu verhindern. Doch Khan winkte ab. Er will es offenbar auf eine Konfrontation auf der Straße ankommen lassen. „Ich bin bereit, mein Blut für wahre Freiheit zu geben“, lässt er wissen. Nicht minder melodramatisch heizt Qadri seinen Anhängern ein: „Wenn ich getötet werde, verschont die Sharifs nicht.“ Solche theatralischen Heldenposen kommen in Südasien an.

Dagegen wähnt sich Sharif als Opfer eines Komplotts. Er glaubt, dass die beiden Männer mächtige Verbündete im Militär haben, das seine Regierung destabilisieren wolle. Sein Verhältnis zu den Generälen war nie gut. Und es gibt noch manche offene Rechnung. Sharif war 1999 vom damaligen Militärchef Pervez Musharraf gestürzt worden. Aus Rache ließ Sharif Musharraf vergangenes Jahr wegen Hochverrats anklagen und unter Hausarrest stellen. Obwohl das Militär nicht offen intervenierte, haben die Generäle diese Demütigung nicht vergessen. Auch Sharifs Versöhnungssignale an Indien passen der Armee nicht wirklich.

Die Proteste könnten dem Militär einen Vorwand liefern, Sharif zurechtzustutzen und einzunorden. „Sollte die Situation sehr gewalttätig und außer Kontrolle geraten, wird die politische Initiative zum Militär schwenken, das genug Erfahrung hat, um zu entscheiden, wer nach Hause geht und wer bleibt“, schreibt die Zeitung „Express Tribune“. Es wäre nicht das erste Mal, dass das Militär politisches Chaos nutzt, um sich zurückzumelden. Seit der Unabhängigkeit 1947 erlebte Pakistan drei Militärcoups. Doch auch wenn es nicht offen an der Macht ist, behält sich das Militär massiven Einfluss auf die Politik vor.

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