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Sicherheitskräfte stehen vor der Residenz des palästinensischen Vertreters in Prag.

© AFP

Palästinensische Vertretung in Prag: Diplomatischer Sprengstoff

Nach dem rätselhaften Tod des palästinensischen Botschafters in Prag haben Ermittler Waffen in seiner Residenz entdeckt. Die tschechische Regierung verlangt nun eine Erklärung.

Die Worte sind für diplomatische Verhältnisse scharf gewählt: Eine „grobe Verletzung des Wiener Abkommens“ sei es, was sich die Palästinenser erlaubt haben, poltert das Prager Außenministerium. Man werde „auf angemessene Weise reagieren“, wenn die Untersuchung abgeschlossen sei. Damit könnte der rätselhafte Tod des palästinensischen Botschafters Dschamal al Dschamal, der am Neujahrstag bei einer Explosion in seiner Residenz ums Leben kam, ein diplomatisches Nachspiel haben. Das Wiener Abkommen regelt den Status von diplomatischen Vertretungen.

Aktueller Streitpunkt zwischen Prag und den Palästinensern sind Schusswaffen, die tschechische Ermittler in den Räumen des verstorbenen Diplomaten gefunden haben: „Ich bestätige den Fund von zwölf Waffen“, sagte der Polizeipräsident Martin Cervicek vor Journalisten kurz angebunden. Um welche Waffen es sich handelt, werde man nach Abschluss der Untersuchung bekannt geben. Zuvor schrieb eine Prager Zeitung unter Berufung auf Ermittlerkreise, die Polizei habe in der Botschafterresidenz mehr als 70 Maschinenpistolen und Sprengstoff gefunden.

Waffen waren in Tschechien nicht registriert

Der Fund bringt die Palästinenser in Erklärungsnöte: Die Waffen waren in Tschechien nicht registriert – offenbar, so mutmaßen Beobachter, hat sie die Delegation unter dem Deckmantel der diplomatischen Immunität im Land versteckt. Deshalb reagiert das tschechische Außenministerium so harsch: „Die tschechische Republik erwartet, dass die palästinensische Seite die gesamte Situation um die Waffenfunde schnellstmöglich klar und eindeutig erklärt.“

Die illegalen Waffen heizen in Prag die Gerüchte an, die sich um den mysteriösen Tod al Dschamals ranken. Widersprüchliche Aussagen von palästinensischer Seite und die restriktive Informationspolitik der Ermittler befeuern die Spekulationen. In ihrer offiziellen Version bleibt die Polizei bei der Vermutung, dass der Botschafter durch ein falsches Öffnen seines Tresors eine Sprengfalle ausgelöst habe, die den Inhalt des Safes sichern sollte. Die Familie des Opfers geht jedoch von einem Anschlag aus: Ihr Vater habe den Safe täglich benutzt, sagte eine Tochter des Diplomaten. Erst am Tag vor der Explosion sei der Tresor von einem Umzugsunternehmen in die neue Residenz gebracht worden. Dabei könnte sich jemand am Safe zu schaffen gemacht haben.

Palästinenser machen widersprüchliche Angaben

Tatsächlich sollte die Botschaft erst in wenigen Wochen in ihr neues Gebäude am Stadtrand umziehen, das deshalb noch nicht den Status einer diplomatischen Vertretung hat. Dadurch kann die tschechische Polizei auf dem Gelände arbeiten; nur deshalb fielen ihr auch die Waffen auf. Nach Darstellung des palästinensischen Außenministeriums befanden sich die Waffen schon vor der politischen Wende in der Botschaft, sie seien nicht illegal dort gelagert. Zur Bombenexplosion selbst widersprechen sich die Angaben von palästinensischer Seite. Nachdem es zunächst hieß, der Tresor sei seit mehr als 20 Jahren nicht geöffnet worden, behauptete ein Botschaftssprecher, man habe ihn täglich zur Aufbewahrung kleinerer Geldbeiträge für laufende Ausgaben benutzt. Von einer Sprengsicherung sei ihm nichts bekannt. Einen terroristischen Hintergrund der Explosion haben auch die Palästinenser ausgeschlossen.

Der getötete Diplomat hatte erst im Oktober den Posten in Prag angetreten. Zuvor arbeitete er in der palästinensischen Vertretung in Ägypten. Mit 18 Jahren war er der Fatah-Bewegung des damaligen Palästinenserführers Jassir Arafat beigetreten.

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