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© dpa

Papst Benedikt XVI.: Zum "Wohl der Kirche"

Als Kardinal Ratzinger hat der heutige Papst Benedikt XVI. einen wegen Missbrauchs verurteilten US-Priester im Amt belassen. Der Vatikan verteidigt ihn gegen Vorwürfe.

Der Vatikan hat die erneuten Beschuldigungen aus den USA gegen Papst Benedikt XVI. im Zusammenhang mit den Kindesmissbrauchsfällen in der Katholischen Kirche zurückgewiesen. In Bezug auf Berichte der „New York Times“ online aus der Nacht zum Samstag, denen zufolge sich der damalige Kardinal Joseph Ratzinger 1985 als Präfekt der Glaubenskongregation gegen die rasche Entlassung eines pädophilen Geistlichen aus dem Priesteramt ausgesprochen hatte, erklärte der Vatikan jetzt: „Kardinal Ratzinger hat den Fall Stephen Kiesle aus Kalifornien nicht gedeckt.“ Vielmehr habe der heutige Papst, wie auch aus dem Brief klar ersichtlich sei, „einzig darum gebeten, die Sache gründlicher zu untersuchen zum Wohl aller Beteiligten“, kommentierte der Vizepressesprecher des Vatikans, Padre Ciro Benedettini, die neuen Vorwürfe. Die Zeitung hatte sich auf Dokumente eines US-Anwalts bezogen.

Der Bischof von Oakland, John Cummins, ersuchte den Vatikan den Dokumenten zufolge im Juni 1981 erstmals, den Priester Stephen Kiesle, der Ende der 70er Jahre laut einem Gerichtsverfahren sechs Kinder zwischen elf und 13 Jahren missbraucht hatte, aus dem Kirchendienst zu entlassen. Der Fall wurde über Jahre hinweg im Vatikan nicht abschließend bearbeitet, am 15. November 1985 schrieb Joseph Ratzinger, der heutige Papst, in einem lateinischen Schreiben, der Fall Kiesle sei „gravierend“, jedoch müsse in Rechnung gestellt werden, welche Auswirkungen eine Entlassung auf das „Wohl der universellen Kirche“ hätte. Kiesle wurde dann zwei weitere Jahre später aus dem Kirchendienst entlassen.

Wie die „New York Times“ unter Berufung auf die Anwaltsdokumente berichtete, hatte Bischof Cummins in einem Brief an Ratzinger 1982 ein weiteres Mal um die Entlassung Kiesles gebeten. „Ich bin davon überzeugt, dass es keinen Skandal geben wird, wenn dem Antrag stattgegeben wird, und dass es tatsächlich – aufgrund der Natur der Sache – einen größeren Skandal für die Gemeinde geben könnte, wenn es Vater Kiesle erlaubt würde, ins aktive Priesteramt zurückzukehren“, zitierte die Zeitung aus dem Schreiben. Cummins habe sich auch direkt an den damaligen Papst Johannes Paul II. gewandt. Kardinal Ratzinger habe dann um weitere Informationen gebeten, die ihm die Diözese Oakland im Februar 1982 auch zugesandt habe. Erst drei Jahre später habe sich Ratzinger dann wieder gemeldet und in dem besagten Schreiben um mehr Zeit gebeten. Außerdem habe er auf das noch junge Alter des Priesters verwiesen. Kiesle war zu diesem Zeitpunkt 38 Jahre alt.

Kiesle war 1978, sechs Jahre nach seiner Priesterweihe, erstmals wegen Kindesmissbrauchs verurteilt worden. Nach Angaben der Diözese Oakland durfte er nach seiner Verurteilung zunächst nicht mehr als Seelsorger arbeiten. Außerdem habe er sich in Behandlung begeben. 1985 habe er dann aber ehrenamtlich wieder im Jugendgottesdienst einer seiner alten Gemeinden gearbeitet. Erst 1987 sei er dann schließlich aus dem Priesteramt entlassen worden.

Im Missbrauchsskandal um das katholische Benediktinerinternat Kloster Ettal hat sich der Sonderermittler der Kirche vom Ausmaß der ihm geschilderten Gewalt erschüttert gezeigt. „Es waren Berichte über so abartige Gräueltaten, dass ich nachts nicht einschlafen konnte“, sagte der Rechtsanwalt Thomas Pfister dem „Focus“. Die mutmaßlichen Opfer hätten von Prügeln mit Skistöcken und von durch Schläge geplatzten Trommelfellen berichtet. Betroffene hätten weiter angegeben, dass sie lebendige Molche hätten essen müssen. Pfister glaubt dem Bericht zufolge nicht, dass niemand im Kloster von den Misshandlungen gewusst habe. Ein früherer Abt des Klosters habe als „unbeherrschter Schläger“ gegolten. Er soll die Köpfe seiner Schüler immer wieder auf das Pult geschlagen haben.

Aus dem Abschlussbericht, den der Sonderermittler in den kommenden Tagen vorstellen wird, gehe hervor, dass in dem Kloster etwa 15 Patres weit mehr als hundert ihrer Schutzbefohlenen gequält und sexuell missbraucht haben sollen. Pfister war Ende Februar im Auftrag des Erzbistums München und Freising ins oberbayerische Kloster gefahren, um die Missbrauchsvorwürfe aufzuklären. Tsp

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