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Washington im Papst-Fieber. Der Devotionalienhandel mit Papst-Motiven blüht.

© KNA

Papst in den USA: Zu Gast bei den Mächtigen

Papst Franziskus reist erstmals in die USA. Der Reformer und Fürsprecher der Armen und Ausgegrenzten wird das Land an dessen Verpflichtungen erinnern.

Die Bundesangestellten in Washington sollen bis Donnerstag am besten zuhause bleiben. Das empfiehlt die Verwaltung der Regierung. Denn bei dem ersten Besuch von Papst Franziskus in den Vereinigten Staaten wird im Regierungsviertel der US- Hauptstadt kaum ein Durchkommen sein. Feierte Franziskus am Dienstagmorgen in Santiago de Cuba noch eine Messe vor tausenden Zuschauern, so wurden auch am Abend in Washington Zehntausende erwartetet, die ihn am Weißen Haus und am Kapitol den Papst sehen wollten. Bis zu zwei Millionen Menschen könnten allein zur Abschlussmesse des Weltfamilientages der katholischen Kirche am Samstag in Philadelphia kommen. Und auch in New York, wo der Papst am Freitag vor der UN-Vollversammlung reden wird, sind die Sicherheitsvorkehrungen riesig.
Erwartet wird in den USA viel von Franziskus. Die US-Gesellschaft diskutiert jetzt, da der der Vorwahlkampf begonnen hat, intensiv über moralische Fragen: Gestritten wird über die Homoehe und das Recht auf Abtreibung. Eine grundlegende Justizreform ist angesichts der hohen Zahl an Gefängnisinsassen ein Thema, die Einwanderungswelle aus Süd- und Mittelamerika genauso. Papst Franziskus ist als Reformer angetreten und hat den Fokus der Kirche auf die Ausgegrenzten und Armen gerichtet. Damit hat der Papst die Hoffnungen von Liberalen und von Randgruppen in Amerika geweckt. Konservative nennen den Papst dagegen schon einen Marxisten. „Die USA waren nie das Zentrum seiner Welt“, sagt John Carr von der Georgetown Universität. „Franziskus wäre lieber in den Slums Argentiniens als in den Korridoren der Macht.“

Franziskus wird von Obama am Flughafen abgeholt

Franziskus ist der vierte Papst, der die USA besucht und der dritte, der ins Weiße Haus kommt. Ihm wird die seltene Ehre zuteil, am Flughafen vom US-Präsidenten und dessen Frau abgeholt zu werden. Auch sonst ist sein Programm extrem eng gesteckt. Neben dem Besuch bei Barack Obama steht eine Parade im offenen Wagen auf der National Mall in Washington und eine Prozession durch den Central Park in New York an. Geplant ist außerdem eine Rede vor dem vereinten US-Kongress, ein Besuch der Gedenkstätte für die Anschläge vom 9. September 2001 in New York und große Messen in allen drei Städten. Weitere Termine wie der in einem Gefängnis in Philadelphia, ein Treffen mit Menschen aus Sozialprojekten in Washington und der Besuch einer Schule in East-Harlem zeigen, dass der Papst sich in die innergesellschaftliche Auseinandersetzungen einmischen will.

Aus amerikanischer Perspektive ist die Rede von Franziskus an die beiden Kongresskammern die wichtigste. Noch kein Papst vor Franziskus hat vor dem Kongress gesprochen. Der 78-Jährige wird die reichste Nation der Welt an ihre Verpflichtung gegenüber den Armen erinnern. Aus Sicht der Kirche, wie der Papst sie führt, kann Amerika dabei nicht ohne Kritik wegkommen. Manche erwarten hier eine „harrsche Predigt“, wie „Politico“ schreibt, gegen den amerikanischen Kapitalismus, die Wall Street und den Umgang der USA mit den ökologischen Ressourcen. „Es wird ein paar Botschaften geben, bei denen wir Differenzen haben könnten“, sagt Obama-Berater Charles Kupchan aus dem Weißen Haus.

Große Erwartungen der Demokraten an Papst-Rede im Kongress

Im Vorfeld des Besuchs hatten 93 Demokraten bereits einen Brief an den Vatikan geschickt. Sie äußern darin ihre Hoffnung, der Papst möge vor dem Kongress auch über den Hunger, einen Mindestlohn und den Klimawandel sprechen. „Ihr kraftvolles Beispiel der Solidarität mit den Armen und den Marginalisierten wird unzweifelhaft helfen, unsere Debatten über entscheidende Bereiche der US-Politik, die alle Amerikaner betreffen, zu bereichern“, heißt es in dem Brief. Man sei dankbar dafür, dass Franziskus auf vielfache Weise an den sozialen Kern der kirchlichen Lehre erinnert habe. Die Republikaner sind da skeptischer. Bei allem Respekt, der Papst solle doch lieber Seelen retten als das Klima, heißt es von einigen. Mindestens ein Abgeordneter, Paul Gosar, wird der historischen Rede im Kongress fernbleiben.
In Rom ist auch ein Brief von Schwulenverbänden eingegangen, unterzeichnet von Katholiken wie von Nicht-Katholiken. Nicht jeder Priester in den USA ist bereit, das Kind eines schwulen oder lesbischen Paares zu taufen. Dabei unterstützen nach Umfragen 60 Prozent der amerikanischen Katholiken das Recht auf Schwulenehe. Die Verbände hoffen, dass der Papst auch die schroffe Haltung der katholischen Kirche gegenüber Schwulen mildern wird. Gerade hat der Papst Priestern erlaubt, Frauen, die eine Abtreibung hatten, zu vergeben. Ein Schritt zur Anerkennung von Schwulen und insbesondere der Homo-Ehe ist indes, das wissen auch die liberalen Katholiken hier, sehr ungewiss. Ohnehin mahnen konservative katholische Verbände wie die Katholische Liga, wenn der Papst erst einmal spreche, könne man nie wissen, ob er sich an das hält, was die Liberalen ihm „nahezulegen versuchen“. (mit dpa)

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