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Papst in Lateinamerika: Benedikt besucht ein Krisenland

Der Papst kommt nach Mexiko. Kirche und Regierung hoffen, die Reise möge ihnen Zustimmung bringen - beide haben in jüngster Zeit Probleme. Der Anteil der Katholiken an der Bevölkerung geht zurück, Evangelikale haben Zulauf.

In Mexiko tobt der Vorwahlkampf, Kuba steckt mitten in einem heiklen Reformprozess. So sehr sich die Hierarchie der katholischen Kirche auch bemüht, Papst Benedikts erster Pastoralreise nach Lateinamerika seit der Bischofskonferenz von Aparecida (Brasilien) 2007 einen rein geistlichen Anstrich zu geben, so wenig Erfolg hat sie damit.

Auf dem Subkontinent mit den meisten Katholiken weltweit ist die katholische Kirche ein Machtfaktor und der Papstbesuch vom 23. bis 28. März ein Politikum. Entsprechend hoch schlagen die Wogen. In Kuba wurde die von der EU ausgezeichnete Vorsitzende der Menschenrechtsorganisation „Damas de Blanco“, Berta Soler, am Sonntag festgenommen. Andere Dissidenten hatten eine Kirche besetzt, um „Seine Heiligkeit“ zu einer Unterstützerbotschaft zu bewegen. In Mexiko versprach das Kartell der Tempelritter am Sonntag mittels diverser Plakatbotschaften eine Waffenruhe während der Tage. Der Besuch von Benedikt XVI. wird in dem vom Drogenkrieg erschütterten Land als Rückendeckung für die regierende christlich-konservative Partei der Nationalen Aktion (PAN) gewertet, der ein Machtverlust bei der Wahl im Sommer droht.

Mexiko will vor allem den Drogenkrieg vergessen machen, der in den vergangenen sechs Jahren über 50 000 Menschen das Leben gekostet hat. Die Regierungen in dem Bundesstaat bereiten ein rauschendes Fest vor. Ausgewählt wurde dafür der Bundesstaat Guanajuato, wo nicht nur die Sicherheit des Kirchenoberhaupts leichter zu gewährleisten ist als in der 20-Millionen-Metropole Mexiko-Stadt, sondern der auch Hochburg des mexikanischen Katholizismus und der PAN ist. Der Vatikan führte seinerseits gesundheitliche Gründe an: Dem 84-Jährigen sei ein Besuch auf 2200 Metern Höhe – so hoch liegt die Hauptstadt – gesundheitlich nicht zuzumuten.

Mexiko ist mit 92 Millionen Getauften nach Brasilien das Land mit den meisten Katholiken weltweit, doch auch hier ist die Entfremdung von der Kirche zu spüren. In den vergangenen Jahren hat nicht nur die Zahl der Protestanten zugenommen, die inzwischen 7,6 Prozent der Bevölkerung stellen, sondern auch die Zahl der Atheisten steigt (4,6 Prozent). Evangelikale Sekten mit ihren charismatischen Heilsversprechungen sind auf dem Vormarsch.

Die Schlagzeilen der vergangenen Jahre waren häufig negativ für die Kirche – sei es der Streit um die Homosexuellenehe in der Hauptstadt, der in der drohenden Exkommunizierung des beliebten Hauptstadtbürgermeisters gipfelte, oder der großzügige Obolus einiger Drogenbarone an die Kirche oder der Kindesmissbrauchsskandal in dem mexikanischen Orden „Legionäre Christi“.

Im Volksglauben ist der Katholizismus zwar noch tief verankert, doch im Alltag des rasch wachsenden Schwellenlandes ist die Kirche immer weniger dominant. Das sieht man zum Beispiel bei der Geburtenkontrolle: Mexikos Frauen brachten vor zwei Generationen im Schnitt noch 5,5 Kinder zur Welt, inzwischen sind es noch 2,2.

Die katholische Kirche verliert Gläubige und macht sich nun stark für eine Verfassungsänderung, die die Ausübung des Glaubens auch in der Öffentlichkeit erlauben würde – was unter anderem den Religionsunterricht an staatlichen Schulen ermöglichen würde. Ein heißes Eisen, gilt doch der staatliche Laizismus als eine der großen Errungenschaften der mexikanischen Revolution vor hundert Jahren. Nicht nur linke Intellektuelle stehen diesem Vorhaben deshalb kritisch gegenüber, auch Priester und Laien glauben, dass das Problem woanders liegt. Der Vatikan habe sich in seinem Bestreben, die Befreiungstheologie als vermeintlich kommunistische Abweichung zu bekämpfen, von den Alltagssorgen der Menschen entfernt, kritisieren sie.

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