zum Hauptinhalt

Papstreise: Katholiken sind uneins über Judenmission

Vor der Papstreise nach Israel streiten Katholiken über die Judenmission: Ist Gott Jude oder Christ? Müssen Juden erst katholisch werden, um zum göttlichen Heil zu gelangen? Sollte man sie also um ihres eigenen Heils willen missionieren? Das glauben erzkonservative katholische Theologen bis heute.

Bei der jüdischen Gemeinschaft löst das Wut und Bitterkeit aus. Umso wohltuender wirkte Anfang April eine Erklärung des Gesprächskreises „Juden und Christen“ des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), in der die sogenannte Judenmission klar verurteilt wurde. „Weil Gottes Bund Israel bereits das Heil erschlossen hat, braucht die Kirche nicht um das Heil Israels besorgt zu sein, die Juden nicht zum christlichen Glauben zu bekehren und sie nicht um ihres Heils willen zur Taufe zu veranlassen“, heißt es in dem 22-seitigen Dokument.

Doch dies konnte der Regensburger Bischof Gerhard Müller so nicht stehen lassen und veröffentlichte auf der Internetseite seines Bistums im Namen der Deutschen Bischofskonferenz eine Gegendarstellung. Das Alte Testament „kann nicht als Zeugnis einer realen Bundesstiftung Gottes gelesen werden im Gegensatz zum Neuen Testament“, schreibt Müller. Gott habe also nur einen richtigen Bund mit den Christen, nicht aber mit den Juden geschlossen. Deshalb könne es auch keinen eigenen Heilsweg für die Juden geben. Aber die Juden seien trotzdem nicht verloren, schließlich „können auch diejenigen Menschen gerettet werden und endgültig zur Gemeinschaft mit Gott gelangen, die ohne eigene Schuld nicht an Jesus Christus glauben“. Deshalb behalte „heute und immer die missionarische Tätigkeit ihre ungeschmälerte Bedeutung und Notwendigkeit“, betont Müller, der Ökumenebeauftragte der Bischofskonferenz.

An dem „Missionsbefehl“ gegenüber den Juden festzuhalten, sei „schon aus geschichtlichen Gründen stillos und abgeschmackt“, sagte der Potsdamer Rabbiner Walter Homolka, Rektor des Abraham Geiger Kollegs. „Nach der Benedikt-Affäre um die Piusbrüder ist das ein weiterer Schritt in die Eiszeit.“

Nachdem Papst Johannes Paul II. große Anstrengungen unternommen hatte, um das Verhältnis zu den Juden zu verbessern, wunderten sich im vergangenen Jahr viele jüdische Vertreter, dass Papst Benedikt XVI. die alte, tridentinische Messe wieder zuließ, um den erzkonservativen Piusbrüdern entgegenzukommen. Dieser Ritus enthält eine Karfreitagsfürbitte, in der für die „verblendeten“ Juden gebetet wird. Benedikt XVI. hatte die Passage zwar eigenhändig etwas abgemildert. Dennoch wurde sie von der jüdischen Gemeinschaft als großer Affront gewertet. Der Gesprächskreis „Juden und Christen“ im ZdK hatte die Erklärung „Nein zur Judenmission – Ja zum Dialog zwischen Juden und Christen“ gerade deshalb erarbeitet, um nach dem Skandal um die Pius-Bruderschaft und vor dem diesjährigen Karfreitag Mitte April ein klares Zeichen zu setzen.

„Die einzige aus jüdischer Sicht akzeptable Form der Karfreitagsfürbitte ist die von 1970“, sagte der Augsburger Rabbiner Henry G. Brand, Vorsitzender der Allgemeinen Rabbinerkonferenz. Dort liegt die Entscheidung, wie und wann Gott ganz Israel endgültig rettet, allein bei Gott. Rabbiner Homolka wunderte sich, dass auch zwei Wochen nach Bischof Müllers Aussagen „keine anderen Stimmen aus der Bischofskonferenz zu hören sind“. Eine Woche bevor Papst Benedikt XVI. nach Israel reist, sei das jüdisch-katholische Verhältnis auf dem „absoluten Tiefpunkt“. Der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, Vorsitzender der Bischofskonferenz, der den Papst auf seiner Reise begleiten wird, wolle sich Anfang kommender Woche zum Thema „Judenmission“ äußern, sagte seine Sprecherin.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false