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Politik: Paraguays Arme hoffen auf die Wende

Berlin - Es ist das vergessene Land Lateinamerikas, in das Bundespräsident Horst Köhler an diesem Sonntag aufbricht. Paraguay liegt zwar geografisch im Herzen des Kontinents.

Berlin - Es ist das vergessene Land Lateinamerikas, in das Bundespräsident Horst Köhler an diesem Sonntag aufbricht. Paraguay liegt zwar geografisch im Herzen des Kontinents. Doch während in allen Nachbarländern in den vergangenen Jahren politische Umwälzungen stattfanden, regiert in Paraguay seit 60 Jahren die konservative Colorado-Partei. Eine kleine weiße Elite aus mehreren hundert Familien hat das Land unter sich aufgeteilt, während die Mehrheit der 6,5 Millionen Paraguayer in Armut lebt. Zwar endete die Diktatur des deutschstämmigen Alfredo Stroessner 1989, aber eine demokratische Kultur hat sich nicht etabliert. Korruption, Drogen- und Waffenschmuggel gehören zum Alltag.

Doch Paraguay ist in Bewegung geraten, seit der ehemalige Bischof Fernando Lugo seine Kandidatur für die Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr angekündigt hat. In Meinungsumfragen liegt der 55-Jährige weit vorne, auch weil die Mittelschicht seinen angekündigten Kampf gegen die Korruption unterstützt. Mit dem charismatischen Lugo, hinter dem verschiedene Oppositionsparteien stehen, würde ein weiteres Land in Südamerika politisch nach links schwenken.

Die Colorado-Partei scheint daher ihre einzige Chance darin zu sehen, Lugo als „roten Bischof“ zu porträtieren: Er spalte das Land und habe Kontakt zu Hugo Chávez, dem linksrevolutionären Präsidenten Venezuelas. Lugo weist dies von sich. „Hunger, Arbeitslosigkeit und Krankheit haben keine Ideologie“, antwortet er. Außerdem seien seine Gegner nicht die USA – Paraguay ist neben Kolumbien der letzte US-Verbündete in Südamerika –, sondern die Korruption und die soziale Ungerechtigkeit.

Wegen solcher Sätze gilt Lugo als packender Redner. Er spricht nicht nur Spanisch, sondern beherrscht auch fließend die Indio-Sprache Guaraní, die auf dem Land und von den Armen gesprochen wird. Seit den 60ern ist er stark von der Befreiungstheologie beeinflusst, die die sozial Benachteiligten ins Zentrum des kirchlichen Auftrags rückt und vom Vatikan bekämpft wird. In Paraguay heißt Lugo deswegen auch „Bischof der Armen“. Der Papst suspendierte ihn im Dezember wegen seines politischen Engagements. Lugos Antwort, der stets betont nicht als Messias Paraguays missverstanden zu werden: „Ab heute ist die Nation meine Kathedrale.“

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