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Politik: „Parallelwelt der Rechtlosigkeit“

Menschenrechtler kritisieren die Methoden des Anti-Terror-Kampfes – und suchen bei der Bundeswehr Hilfe

Der Krieg gegen den Terror ist ein Kampf, der im Schatten geführt wird. An die Öffentlichkeit gelangen die Erfolgsmeldungen: In Afghanistan verloren die Taliban ihre Macht und mit ihnen die Terrororganisation Al Qaida ihr wichtigstes Rückzugsgebiet. Menschenrechtler ziehen jedoch eine andere Bilanz: „Es ist immer noch unklar, was in Afghanistan genau passiert ist“, kritisierte der Politikwissenschaftler Wolfgang S. Heinz, der im Auftrag des Deutschen Instituts für Menschenrechte eine Studie zum Anti-Terror-Kampf erarbeitet und am Dienstag vorgestellt hat. Wie viele Zivilisten in Afghanistan getötet wurden, weiß niemand. Das Deutsche Institut für Menschenrechte fordert nun eine unabhängige Beobachtung von Menschenrechtsverletzungen im Anti-Terror-Kampf.

Doch derzeit würden solche Untersuchungen vielmehr behindert, die Täter nicht zur Verantwortung gezogen, sagte Heinz. So wiesen die USA und Großbritannien Forderungen der UN kategorisch zurück, die Niederschlagung eines Gefangenenaufstandes bei Masar-i-Scharif untersuchen zu lassen. Unter Mitwirkung von amerikanischen und britischen Soldaten hatte die Nordallianz dort im November 2001 mehr als 300 Gefangene getötet. Auf dem US-Stützpunkt Guantanamo oder im afghanischen Bagram seien „regelrechte Parallelwelten der Rechtlosigkeit“ entstanden, sagte Heinz.

Die Autoren der Studie haben sich nicht auf die Diktaturen dieser Welt, sondern auf die USA und Großbritannien konzentriert – weil diese Nationen eine Vorbildfunktion haben, auch für Deutschland. Viele Anti-Terror-Maßnahmen unterminierten grundlegende Menschenrechte, so die Wissenschaftler. „In den USA sind im Rahmen der Terrorismusbekämpfung rechtsstaatliche Kontrollen staatlichen Handelns zum Teil außer Kraft gesetzt, zum Teil unzulässig eingeschränkt worden.“ Über 1000 Ausländer wurden nach dem 11. September in den USA inhaftiert, öffentliche Verfahren gab es nicht. Amnesty international wirft Washington vor, dass US-Geheimdienste bei der Terrorfahndung im Ausland foltern oder den Einsatz von Folter in Drittstaaten wie Ägypten oder Pakistan tolerieren.

Und nicht nur Iran oder Libyen, sondern auch die USA und Israel töten Terrorismusverdächtige gezielt, sei es ein Al-Qaida-Mitglied im Jemen oder ein Hamas-Funktionär in den Palästinensergebieten. In diesen Methoden der Terrorbekämpfung sehen die Autoren der Studie rechtliche „Grauzonen“, die mit dem Völkerrecht unvereinbar seien. Auch die Bundeswehr müsse für ihre Auslandseinsätze klären, an welche Staaten Gefangene übergeben werden können und inwieweit militärische Aktionen einer gerichtlichen Kontrolle unterliegen. Selbst im Krieg sind Staaten verpflichtet, Menschenrechte und humanitäres Völkerrecht einzuhalten. Mögliche Verstöße sollten zügig untersucht werden, heißt es in der Studie. Die Bringschuld dafür liegt bei den Staaten, die Truppen in das betreffende Land entsandt haben.

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