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Politik: Paris schickt Soldaten nach Zentralafrika Die UN unterstützen einen humanitären Einsatz –

eigentlich will Frankreich weniger intervenieren.

Paris - Frankreich würde seine alte Afrikapolitik gerne neu definieren, wird dabei aber von den Ereignissen überrollt. Etwa zur gleichen Zeit, als Präsident François Hollande am Freitag in Paris die Staats- und Regierungschefs von einem halben hundert afrikanischer Staaten zu einer Gipfelkonferenz über „Frieden und Sicherheit in Afrika“ empfing, trafen in Bangui, der Hauptstadt der Zentralafrikanischen Republik, die ersten französischen Soldaten der Operation „Sangaris“ ein. Nachdem der UN-Sicherheitsrat am Donnerstag in New York grünes Licht für die Intervention zur Wiederherstellung der Sicherheit in dem in Chaos und Gewalt versinkenden afrikanischen Staat gegeben hatte, waren sofort erste französische Einheiten von Stützpunkten in benachbarten afrikanischen Staaten in Marsch gesetzt worden. Ziel der Intervention sei es, ein humanitäres Drama zu verhindern, sagte Präsident Hollande. Der Einsatz werde „schnell“ und „von kurzer Dauer“ sein. Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian rechnet mit „vier bis sechs Monaten“.

800 Soldaten entsendet Frankreich in die Zentralafrikanische Republik. Sie verstärken die 450 Kräfte, die dort bereits zur Sicherung des Flughafens in der Hauptstadt stationiert sind. Aufgabe des französischen Kontingents ist es nach dem UN-Beschluss, die von mehreren afrikanischen Staaten im Rahmen der UN-Mission Misca aufgestellte Blauhelmtruppe bei der Aufrechterhaltung von Ordnung und Sicherheit zu unterstützen. Doch diese Truppe, für die von den Teilnehmerstaaten eine Sollstärke von 9000 Soldaten zugesagt wurde, besteht nur aus 2500 Soldaten, die zudem schlecht bewaffnet und ausgebildet sind. Angesichts der Zustände in der Zentralafrikanischen Republik, wo es keine staatliche Ordnung mehr gibt, seit nach dem Umsturz vom vergangenen Frühjahr ehemalige Soldaten, Regimegegner und Milizen plündernd und marodierend durchs Land ziehen, stellt man sich in Paris darauf ein, dass die Operation „Sangaris“ auch viel länger dauern könnte. Erst am Donnerstag kam es in Bangui erneut zu Massakern mit zahlreichen Toten.

Seit französische Fallschirmjäger 1979 den selbst ernannten Kaiser Jean-Bédel Bokassa absetzten, ist Frankreich in der Zentralafrikanischen Republik, wie in anderen afrikanischen Staaten, mehrmals militärisch eingeschritten. Um die Stabilität in Afrika zu erhalten, bewahrte Frankreich jeweilige Machthaber vor Umstürzen und sicherte dabei auch seine wirtschaftlichen Interessen in ehemaligen französischen Kolonien. Mit dieser mit dem Schlagwort „Francafrique“ bezeichneten Politik hatten schon frühere Präsidenten brechen wollen. Auch Hollande hatte in seinem Wahlprogramm versprochen, die Beziehungen zu Afrika auf eine neue Grundlage zu stellen. Doch nach der Intervention vom Januar in Mali, wo Frankreich über die ursprünglichen drei Monate hinaus immer noch mit 3000 Soldaten gegen islamistische Terroristen engagiert ist, sieht sich Hollande jetzt erneut zum Eingreifen gezwungen. Unterstützung für den neuen Einsatz erhielt Paris von Berlin. Deutschland könnte Frankreich logistisch mit der Bereitstellung von Lufttransportkapazitäten helfen, hieß es dazu.

Wie früher als „Gendarm“ will Frankreich in Afrika nicht mehr auftreten. Paris hofft darauf, dass Afrika selbst für die Sicherheit auf dem Kontinent bürgt. Diesem Ziel dient auch die zweitägige Konferenz, zu der Hollande die afrikanischen Präsidenten und Regierungschefs schon vor Monaten nach Paris eingeladen hatte. Hollande sagte ihnen am Freitag Hilfe bei der Aufstellung interafrikanischer Sicherheitskräfte zu. Hans-Hagen Bremer

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