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Politik: Paris und Madrid gegen Schily

EU-Innenminister können sich nicht auf Anlaufstellen für Flüchtlinge in Nordafrika einigen

Berlin/Florenz - Innenminister Otto Schily und sein italienischer Kollege Giuseppe Pisanu haben sich in Florenz nicht durchgesetzt. Beim informellen Treffen mit den Innenministern aus Frankreich, Spanien und Großbritannien wandten sich der Franzose Dominique de Villepin und der Spanier José Antonio Alonso strikt gegen von Schily und Pisanu angeregte Auffangzentren für Flüchtlinge in Nordafrika. De Villepin machte am Montag deutlich, dass er „keinerlei Art von Lagern oder Zentren akzeptieren“ wolle. Alonso fügte hinzu: „Wir bezweifeln ihre Nützlichkeit.“ Der Brite David Blunkett war bereits vor der Abschlusskonferenz abgereist. Nun ist die Debatte über die Auffangzentren wohl vorübergehend beendet, das Problem der Flüchtlinge, die aus Nordafrika über das Mittelmeer kommen, bleibt.

Auch deshalb drängen Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen darauf, ein einheitliches EU-Asylrecht zu schaffen. Julia Duchrow von amnesty international kann sich „eine Behörde, bei der ein Mensch einmal um Asyl bittet, sein Antrag geprüft wird, und er entsprechend der Belastung der einzelnen Länder in einen EU-Staat geschickt wird“ durchaus vorstellen. Das wäre ihrer Ansicht nach auch eine Lösung für das Problem Italiens, an dessen Küste allein in den vergangenen Monaten tausende von Illegalen angekommen sind. Rom schickt die Illegalen nun im Schnellverfahren und offenbar auch ohne richtiges Asylverfahren nach Libyen zurück.

Stefan Telöken vom Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen verweist bei der anstehenden Harmonisierung des Asylrechts auf die Vorbildfunktion der EU auf internationaler Ebene und auf steigende Zahlen von Asylanträge in den neuen EU-Mitgliedsstaaten. Für letztere erwartet er „Hilfestellungen durch ein gemeinsames Asylsystem“.

Um den Flüchtlingsschutz nicht nur auf Europa bezogen zu verstärken, fordert Telöken von der Bundesregierung, die angekündigte Aufnahme von Flüchtlingen aus so genannten Erstasylstaaten zu verwirklichen. In der Praxis hieße das, Deutschland nimmt im Jahr 500 Menschen auf, die in einem anderen Land schon als Flüchtlinge anerkannt sind. In den 70er Jahren fanden so rund eine Million Vietnamesen, die zunächst von Nachbarstaaten aufgenommen worden waren, ihren Weg nach Kanada, die USA oder Australien, sagt Telöken. Hätte ihnen dieser Weg nicht freigestanden, hätten die Nachbarländer sie gar nicht erst aufgenommen.

Was Nordafrika betrifft, hat das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR gemeinsam mit der EU fünf Pilotprojekte gestartet. In Marokko, Algerien, Tunesien, Mauretanien und Libyen sollen mit Hilfe der UN-Mitarbeiter Beamte geschult und Asylstrukturen aufgebaut werden. Was allerdings, das betont Telöken, nichts mit Auffangzentren zu tun hat. Julia Durchow von amnesty international hält die Inititative prinzipiell für gut. Sie fragt sich aber, wie Länder, in denen es „immer wieder zu schwersten Menschenrechtsverletzungen an der eigenen Bevölkerung kommt, die Rechte von Flüchtlingen schützen wollen“. (mit dpa)

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