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Politik: Parlamentsauflösung in Japan: Trotz Verlusten erwartet die Partei des Ministerpräsidenten Yoshiro Mori bei Neuwahlen die Mehrheit

Der japanische Ministerpräsident Yoshiro Mori hat das Unterhaus aufgelöst und Neuwahlen für den 25. Juni angesetzt.

Der japanische Ministerpräsident Yoshiro Mori hat das Unterhaus aufgelöst und Neuwahlen für den 25. Juni angesetzt. Das Kabinett stimmte am Freitag in Tokio dem Schritt Moris zu, der als Nachfolger des verstorbenen Ministerpräsidenten Keizo Obuchi am 5. April die Regierungsgeschäfte übernahm. Wegen seiner umstrittenen Äußerung, Japan sei "ein Götterland mit dem Kaiser im Zentrum", musste Mori einen in Japan beispiellosen Popularitätsverlust hinnehmen. Laut Umfragen der letzten Woche sank die Unterstützung für den Regierungschef auf 12,5 Prozent.

Beobachter rechnen damit, dass Moris Liberaldemokratische Partei (LDP) bei den Wahlen zwar deutlich Stimmen, aber dank ihrer Koalition mit der Konservativen Partei und der Komeito nicht die Regierungsmehrheit verlieren wird. Die Komeiteo ist der politische Arm der neo-buddhistischen Massenorganisation Soka Gakkai. Die Koalition hält eine Mehrheit von 336 der derzeit 500 Sitze. Bei der Neuwahl am 25. Juni soll über 480 der Sitze entschieden werden; die LDP hofft, mindestens 229 zu gewinnen.

Der Vorsitzende der oppositionellen Demokratischen Partei, Yukio Hatoyama, warf den Liberaldemokraten vor, die Wähler mit der Auflösung des Parlaments von den Skandalen der Regierung ablenken zu wollen. Außerdem wollten sie vom Tod Obuchis profitieren. Auch die eigene Partei ist inzwischen auf Distanz zu Mori gegangen. Nach japanischen Medienberichten ist inzwischen ein Machtkampf der unterschiedlichen Parteiflügel um Moris Nachfolge entbrannt. Als aussichtsreiche Anwärter gelten Junichiro Koizumi aus Moris Anhängerschaft und Außenminister Yohei Kono.

Mori stand zuletzt wegen einer Äußerung vor Shintoistischen Abgeordneten im Kreuzfeuer der Kritik, wonach Japan ein göttliches Land und der Kaiser dessen Zentrum sei. Im In- und Ausland weckte dies Erinnerungen an den japanischen Nationalismus und die Kaiserverehrung, die in den 30er und 40erJahren zu Eroberung und Gräueltaten in Ostasien und der Katastrophe des Zweiten Weltkrieges führte. In einem Kommentar der Zeitung "Mainichi" hieß es am Freitag, "diese Äußerungen zogen seine Führungsqualitäten in Zweifel, und die Öffentlichkeit hat darauf reagiert."

Staats- und Regierungschefs aus aller Welt werden am 8. Juni zum Staatsbegräbnis Obuchis in Japan erwartet, darunter auch US-Präsident Bill Clinton. Am von Mori bestimmten Wahltag, dem 25. Juni, wäre Obuchi 63 Jahre alt geworden.

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