zum Hauptinhalt
Irak Wahl

© dpa

Parlamentswahl: Stimmabgabe im Raketenhagel

Die zweite Parlamentswahl im Irak seit dem Sturz des Saddam-Regimes vor sieben Jahren ist am Sonntag von Terroranschlägen behindert worden. Dabei kamen möglicherweise bis zu 38 Menschen ums Leben. Inoffiziell war von einer Wahlbeteiligung von landesweit mehr als 50 Prozent die Rede.

Die zweite Parlamentswahl im Irak seit dem Sturz des Saddam-Regimes ist von Terroranschlägen überschattet worden. Dennoch war die Wahlbeteiligung sehr hoch –  nicht nur in Badgad, auch in den drei sunnitischen Provinzen des Landes, die die erste Parlamentswahl 2005 boykottiert hatten. Bereits am frühen Morgen bildeten sich lange Schlangen vor den rund 10.000 Wahllokalen, die durch scharfe Kontrollen und Sprengschutzwände gesichert waren. Insgesamt waren 18,9 Millionen Iraker zur Wahl gerufen.

Es ist die erste Wahl seit dem Abzug der US-Truppen aus Städten und Dörfern, ihr Ergebnis wird frühestens in einer Woche bekannt gegeben. Als Favorit gilt Ministerpräsident Nouri al-Maliki. Er forderte alle Parteien auf, das Wahlergebnis zu akzeptieren. Sein schärfster Konkurrent ist Iyad Alawi, der von 2004 bis 2005 Chef der irakischen Übergangsregierung war. Er klagte am Sonntag über Unregelmäßigkeiten. Auch die schiitischen religiösen Parteien der "Irakischen Nationalallianz" könnten bei der Regierungsbildung mitmischen.

Insgesamt bewarben sich 6291 Kandidaten um die 325 Abgeordnetenmandate. Für Frauen wurden bei dieser Wahl letztmalig 25 Prozent der Sitze reserviert. Rund 600 internationale und Zehntausende irakische Wahlbeobachter begleiten den Urnengang.

Dem Innenministerium zufolge starben durch die Attentate am Wahltag mindestens 38 Menschen, mehr als 100 wurden verletzt. Die meisten Terroropfer gab es in Badgad. Die streng bewachte Grüne Zone von Bagdad, in der die Politiker wählten, wurde von mehreren Raketen getroffen. Dort wurde aber niemand verletzt.

Vor allem in den Siedlungsgebieten der Sunniten hatten Extremisten zuvor Flugblätter verteilt, auf denen sie jedem drohten, der sich an der Wahl beteiligt. Al-Kaida warnte die Bevölkerung in einer Internetbotschaft, jeder, der wähle, werde "den Zorn Gottes und der Gotteskrieger" auf sich ziehen. Dagegen hatten sunnitische und schiitische Geistliche die Menschen eindringlich aufgerufen, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen. Die Polizei hob ein aus Sicherheitsgründen verhängtes Fahrverbot in einigen Gebieten auf, um es den Wählern leichter zu machen, zu den Urnen zu gelangen.

In der 400 Kilometer nördlich von Bagdad gelegenen Stadt Mossul wurden fünf Wahllokale geschlossen, nachdem ein Wahllokal von einer Mörsergranate getroffen worden war. Nach Polizeiangaben wurden sechs Wahlbeobachter verletzt. An anderer Stelle in Mossul wurden ein Lokalpolitiker und acht seiner Begleiter verletzt, als ihr Konvoi an einer Straßensperre unter Beschuss geriet. Nach Angaben der Polizei erlitten 13 Menschen in Iskanderija südlich von Bagdad Verletzungen durch Granatenbeschuss.

Die Iraker ringen seit dem Sturz von Diktator Saddam Hussein im April 2003 durch die Amerikaner um eine politische Neuordnung. Im vergangenen Sommer waren die US-Truppen aus den Städten und Dörfern abgezogen. Für die US-Regierung ist es wichtig, dass der politische Prozess im Irak nicht ins Stocken gerät, damit sie ihren Truppenabzug wie geplant fortsetzen kann.

Derzeit sind noch rund 96.000 Amerikaner im Irak stationiert. Ende 2011 sollen alle Einheiten das Land verlassen haben. Ministerpräsident Nouri al-Maliki hatte noch vor zwei Tagen erklärt, er wolle die US-Truppen bitten, länger zu bleiben, falls die irakischen Sicherheitskräfte bis dahin noch nicht in der Lage sein sollten, alle Aufgaben von den Amerikanern zu übernehmen.

Der Vorsitzende der Schiiten-Partei Hoher Islamischer Rat im Irak (SICI), Ammar al-Hakim, äußerte sich optimistisch, dass die Anschläge vom Sonntag die von den Terroristen erhoffte Wirkung verfehlen: "Diese Explosionen werden die Wähler nicht davon abhalten können, ihre Stimmen abzugeben." Sein größter Rivale, der schiitische Ministerpräsident al-Maliki, sagte nach der Stimmabgabe: "Wir begehen heute einen Festtag, nachdem wir viele Schwierigkeiten zu überwinden hatten."

Auch aus den Provinzen Anbar und Salaheddin wurden Explosionen gemeldet. In den drei kurdischen Autonomieprovinzen Erbil, Suleimanija und Dohuk verlief der Wahltag friedlich. "Es ist fast wie ein Picknick", sagte ein Beobachter.

Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, Geh

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false