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Renate K.

© Wolff

Parteitag in Denver: Renate Künast: "Das war schon beeindruckend"

Finale in Denver: Zum Abschluss des Parteitags der US-Demokraten hat Barack Obama die Nominierung zur Präsidentschaftskandidatur angenommen - und sich von 80.000 Anhängern feiern lassen. Auch Grünen-Fraktionschefin Renate Künast war im Stadion dabei und schildert für Tagesspiegel.de ihre Eindrücke.

Zum Ende des Parteitags der US-Demokraten gab es nun also den großen Showdown: Barack Obama hat vor 80.000 Menschen im Stadion von Denver gesprochen. Wie haben Sie die bislang wichtigste Rede des Präsidentschaftskandidaten erlebt?

Barack Obama ist schon ein bisschen mehr zum Präsidenten geworden. Er nimmt den Kampf an, ganz selbstbewusst, ganz klar. Man hat den Eindruck, dass nicht nur er, sondern auch die Führung der Demokraten, begreift: Dieser Mann ist in der der Situation, morgen Präsident der Vereinigen Staaten sein zu können. Das war schon beeindruckend. Und die vielen Menschen, die im Stadion waren - darunter viele Latinos und viele Gewerkschafter – waren alle so richtig sehnsüchtig danach, dass jetzt andere Zeiten kommen. Als Obama an einer Stelle mit Blick auf die jetzige Regierung und auch auf John McCain gesagt hat "enough" – also "genug" –, da kamen von unten spontan die Sprechchöre: "Acht Jahre sind genug".

Wie hat Obama denn auf Sie gewirkt – souverän oder vielleicht doch ein bisschen nervös?

Barack Obama war so gelassen, so ruhig und in sich ruhend. Kein Zweifel: Der Mann kann Oberbefehlshaber, kann Präsident der Vereinigten Staaten sein. Natürlich gab es auch wieder viel Inszenierung um Obamas Rede herum - die Parteitage sind hier halt anders. Aber er hat auch zu verschieden Bereichen klare Ansagen gemacht: vom Thema Steuern, die auch für den arbeitenden Mittelstand reduziert werden sollen, bis hin zu einer starken Konzentration auf das Thema Kinder, die alle eine Chance auf Ausbildung haben sollen. Außerdem hat er gesagt: In zehn Jahren sollen die USA unabhängig sein vom Öl aus Saudi-Arabien und aus dem Nahen Osten.

Also ist Obama, von dem die Gegenseite ja behauptet, dass er nur ein großer Redenschwinger ohne wirkliche Inhalte sei, inhaltlich richtig konkret geworden?

Als erstes würde ich sagen, dass die Gegenseite hier "null" Programm hat - oder nur ein sehr widersprüchliches. Das sieht man ja auch bei McCain immer wieder, der sehr viele Jahre lang der Bush-Politik zugestimmt hat und jetzt teilweise etwas anderes behauptet. Dass jemand, der den Menschen den Mut gibt, zu sagen "wir sind unzufrieden und müssen etwas ändern - packen wir es gemeinsam an", dass jemand, der das auch emotional ausdrücken und die Leute motivieren kann, bei der Gegenseite Angst auslöst, wundert mich nicht. Aber ich glaube, dass die Demokraten und Barack Obama das hier sehr systematisch machen: Sie stellen sich persönlich vor, sie sagen: "Wir wollen es gemeinsam machen" - und dann kommen auch die Inhalte.

Vor dem Parteitag lagen Obama und McCain in Umfragen Kopf an Kopf. Glauben Sie, dass die Auftritte in Denver dazu beitragen, Obama wieder nach vorne zu katapultieren?

Da will ich gar nicht im Kaffeesatz lesen, weil die USA doch sehr viel größer sind als das Stadion in Denver. Aber es gibt so viel Begeisterung. Die Demokraten machen so viel "Graswurzel"-Arbeit und haben so viele junge Leute, die ganz anders kommunizieren – über das Internet und per Handy. Die Chance zu gewinnen hat Obama.

Eine Rede vor 80.000 Anhängern - glauben Sie, dass auch in Deutschland beim nächsten Bundestagswahlkampf ein Spitzenpolitiker auf die Idee kommt, sich ein Fußballstadion zu mieten?

Nein, die Vereinigten Staaten von Amerika sind gegründet worden auf der Basis von vielen religiösen Flüchtlingen, insbesondere aus Europa. Die Amerikaner haben, auch auf der Basis all ihrer Kirchen, einen ganz anderen Stil entwickelt. Auch auf dem Parteitag in der "Convention Hall" ist dieser andere Stil bemerkbar – da brauchen Sie gar nicht ins Stadion zu gehen. In Deutschland haben wir hingegen viel stärker Programmparteitage, bei denen an einzelnen Inhalten entlang diskutiert und entschieden wird. Das ist hier in den USA viel mehr auf die "Think Tanks" verlagert. Aber der Parteitag der US-Demokraten war auch für mich persönlich inspirierend. (jam)

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