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Oskar Lafontaine hält auf dem Parteitag der Linken in Göttingen eine seiner leidenschaftlichen Reden.

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Update

Parteitag in Göttingen: Lafontaine findet Gerede über Linke-Spaltung falsch

Der seit Wochen schwelende Streit um die Führungsspitze hat die Linke geschwächt. Auf dem Parteitag in Göttingen bemüht sich der frühere Parteichef Oskar Lafontaine jetzt um Aufbauarbeit.

Ex-Parteichef Oskar Lafontaine hat Wortmeldungen prominenter Linker kritisiert, wonach der Partei der Zerfall drohe. „Es gibt keinen Grund, das Wort Spaltung in den Mund zu nehme“, sagte Lafontaine am Samstag auf dem Göttinger Parteitag.

Er griff damit Bundestagsfraktionschef Gregor Gysi an, der unmittelbar zuvor vor eine Spaltung gewarnt hatte. Lafontaine sagte, es gebe keinerlei Anlass für ein Auseinanderfallen der Linken, denn sie habe sich mit 95 Prozent Zustimmung ein gemeinsames Programm gegeben.

Lafontaine verteidigte in seiner kämpferischen Rede die Vereinigung von PDS und WASG zur Linken vor fünf Jahren. „Eine Organisation ohne die andere hätte es niemals geschafft“, sagte er. Zusammen habe man die deutsche Politik verändert. „Es gibt keinen Grund, das nicht wieder zu versuchen“, sagte er.

Linke-Chef Klaus Ernst hat vehement vor einem Auseinanderbrechen der Partei als Folge der internen Machtkämpfen gewarnt. „Wenn wir scheitern, müssten wir uns schämen“, sagte Ernst am Samstag auf dem Göttinger Parteitag vor 550 Delegierten. Eine Spaltung sei Wahlbetrug: „Den dürfen wir uns keinesfalls leisten.“ Man habe den Wählern versprochen, zusammenzubleiben. Zugleich räumte Ernst eine Mitschuld am schlechten Zustand seiner Partei ein. Am Abend sollte eine neue Doppelspitze gewählt werden.

Ernst sagte in seiner rund 45-minütigen Abschiedsrede als Vorsitzender: „Die Führung hat Fehler gemacht, auch ich habe Fehler gemacht.“ Es sei nicht gelungen, die Zentrifugalkräfte durch ein starkes Zentrum zu organisieren. „Wir driften auseinander.“ Seit 2009 habe die Partei Tausende Mitglieder verloren. „Wir haben Zerfallserscheinungen in unserer Partei“, konstatierte er. Da gebe es nichts zu beschönigen. Die Zukunft der Partei liege aber nur im Zusammenbleiben. Die Linke sei notwendiger denn je und deswegen schmerze ihn der Zustand der Partei.

Ausdrücklich lobte Ernst den ehemaligen Parteichef Oskar Lafontaine für dessen Solidarität mit der Spitze. Er habe sich sehr über die Bereitschaft Lafontaines für eine erneute Kandidatur für den Vorsitz gefreut, die der Saarländer später abgesagt hatte. Ernst fragte die Delegierten, ob etwa jemand der Meinung sei, „dass uns der Rückzug von Oskar stärker macht“. Er hoffe, dass Lafontaine die Linke auch künftig unterstütze, „denn wir brauchen dich nach wie vor, wenn wir Wahlen gewinnen wollen“, sagte Ernst unter großem Beifall.

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Auch die Zusammenarbeit mit seiner Ko-Parteichefin Gesine Lötzsch, die vor wenigen Wochen aus persönlichen Gründen zurückgetreten war, bezeichnete er als gut und „absolut loyal“. Am Ende seiner Rede erhielt Ernst minutenlange stehende Ovationen der Delegierten.

Für die Wahl der Parteivorsitzenden gibt es bislang zehn Kandidaten. Laut Satzung wird die Linke von einer Doppelspitze geführt, die mindestens zur Hälfte weiblich besetzt werden muss. Zunächst gibt es einen Wahlgang nur für Frauen. In der zweiten Runde dürfen Männer und Frauen antreten. Eine Kandidatur ist noch bis zum Start der Wahl um 19.30 Uhr möglich.

Bundesvize Katja Kipping und die nordrhein-westfälische Landessprecherin Katharina Schwabedissen wollen ein weibliches Team bilden. Neben ihnen werden auch der Hamburger Fraktionschefin Dora Heyenn gute Chancen eingeräumt. Bei den Männern gelten Fraktionsvize Dietmar Bartsch und der baden-württembergische Landessprecher Bernd Riexinger als aussichtsreiche Kandidaten. Parteiintern wird auch eine Überraschungskandidatur von Partei- und Fraktionsvize Sahra Wagenknecht noch für möglich gehalten.

Unabhängig von der künftigen Führung lehnt der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel die Zusammenarbeit mit der Linken ab. „Die Linken sind eine in sich zerrissene, zutiefst gespaltene Partei, deren innere Widersprüche durch den Abgang von Lafontaine nicht beseitigt sind“, sagte er dem Nachrichtenmagazin „Focus“. „Auf Bundesebene sind und bleiben die Linken für die SPD keine Option.“ SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier erwartet sogar eine Auflösung der Linken. „Das Projekt einer bundesweiten Partei links neben der SPD ist gescheitert“, sagte er der Zeitung „Bild am Sonntag“ laut Vorabbericht. (dapd)

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