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Update

Parteitag: Piratenpartei verzettelt sich

Die Piratenpartei versucht sich nach dem Debakel bei der Bundestagswahl neu aufzustellen. Dafür haben sie auch einen neuen Vorsitzenden gewählt: der Frankfurter Thorsten Wirth folgt Bernd Schlömer. Ansonsten aber bleibt es bei einem Versuch.

Da stehen sie noch einmal Seit' an Seit': Bernd Schlömer und Johannes Ponader. Der eine war bis heute Nachmittag Vorsitzender der Piratenpartei, der andere Politischer Geschäftsführer bis vor wenigen Monaten. Wirklich zusammen haben sie nicht gehalten. Im Gegenteil. Sie haben sich gefetzt, mal öffentlich, mal nicht. Und dieser Streit, den allerdings nicht nur Schlömer mit Ponader ausgefochten hat, sondern im Prinzip der gesamte Bundesvorstand der Piraten, ist ein Grund, warum es mit der Piratenpartei so steil bergab gegangen ist.

Kein Wunder fällt der Applaus mager aus, als sich der Bundesvorstand verabschiedet. Bei der Bundestagswahl kam die Partei nur noch auf 2,2 Prozent. Der Traum vom Einzug in den Bundestag platzte im Prinzip schon in den Wochen zuvor, als klar wurde, diese Partei mit ihren Streitigkeiten, ihrem nur in der Theorie funktionierenden Credo "Themen statt Köpfe" und ihrem klammheimlichen Wunsch, eigentlich auch nur Nischen- und Nerdpartei sein zu wollen, wird es nicht schaffen in den Bundestag. Auch Parteichef Schlömer zog aus dem Scheitern Konsequenzen und trat nicht mehr an.

Für viele war das Wahlverfahren zu kompliziert

Jetzt versucht sich die Partei in Bremen auf einem Parteitag neu aufzustellen. Ein echtes Aufbruchssignal konnten die Piraten zunächst nicht senden. Wieder wurde wie so oft über die Geschäftsordnung und die Tagesordnung debattiert. Kurzerhand wurde eine Reform der Parteispitze beschlossen, was die Kandidatenaufstellung wieder etwas durcheinander wirbelte. Auch war das Wahlverfahren für viele Delegierte wohl zu kompliziert. Der erste Wahlgang zur Wahl eines neuen Parteichefs musste abgebrochen werden. Die Auszählung der Wahl dauerte fast zwei Stunden, weshalb noch während ausgezählt wurde über das Verfahren debattiert wurde. Gewählt wurde schließlich der Hesse Thorsten Wirth aus Frankfurt am Main. Zu seiner Stellvertreterin wurde Caro Mahn-Gauseweg (32) bestimmt. Die Diplom-Ingenieurin aus Sachsen erhielt 532 von 892 gültigen Stimmen.

Thorsten Wirth will als neuer Chef der Piraten die Partei durch die Besinnung auf ihre Gründungsideen aus dem Stimmungstief holen. „Motivation ist das Gebot der Stunde“, sagte Wirth. Er wolle die verschiedenen Lager und Gruppen in der Piratenpartei wieder hinter ihren gemeinsamen Grundsätzen versammeln. „Wir haben tolle Ideen, wir können viel machen.“ Die Motivierung der Mitglieder könne er allerdings nicht alleine stemmen: „Es kann nicht einer Hurra schreien, und alle rennen hinterher.“

Piraten diskutieren auf ihrem Parteitag in Bremen vor allem über die Geschäfts- und Tagesordnung.
Piraten diskutieren auf ihrem Parteitag in Bremen vor allem über die Geschäfts- und Tagesordnung.

© dpa

Keine bezahlten Vorstandsmitglieder

Ein weiteres Ergebnis des Parteitages: Auch in Zukunft wird es keine bezahlten Vorstandsmitglieder geben. Die bis zum Parteitag amtierende Politische Geschäftsführerin, Katharina Nocun, ist beispielsweise zurückgetreten, weil sie sich den ehrenamtlichen Fulltime-Job schlicht nicht mehr leisten konnte. Einem Antrag auf Bezahlung der neuen Vorstandsmitglieder folgten die rund 1000 Delegierten aber nicht. Sie beschlossen lediglich einen finanziellen Ausgleich für Vorstandsmitglieder, die auf Sozialleistungen angewiesen sind. Faktisch hat dies kaum Bedeutung.

Nocun und Schlömer forderten für den neu gewählten Vorstand künftig mehr Rückendeckung und einen "Vertrauensvorschuss" (Schlömer). Inhaltliche Debatten wurden bisher kaum geführt. Einzig die Kritik an der im Koalitionsvertrag von Union und SPD vereinbarten Einführung der Vorratsdatenspeicherung blitzte ab und an auf. Geplant ist noch eine Debatte zur Europawahl im kommenden Jahr. Die Piraten hoffen da auf einen Erfolg, weil die Hürde anders als bei der Bundestagswahl nicht bei fünf Prozent, sondern nur bei drei Prozent liegt. (mit dpa)

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