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Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck Ende November auf der Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen in Berlin.

© Kay Nietfeld/dpa

Update

Parteivorsitz: Habeck und Baerbock wollen Grünen-Chefs werden

Für die Spitzenkandidatur bei der Bundestagswahl hat es nicht gereicht, jetzt strebt Schleswig-Holsteins Umweltminister nach dem Parteivorsitz - wie auch eine aufstrebende Brandenburgerin.

Bei den Grünen kommt Bewegung in die Suche nach einer neuen Führungsspitze: Der schleswig-holsteinische Umweltminister Robert Habeck und die Brandenburger Bundestagsabgeordnete Annalena Baerbock wollen als Parteichefs antreten. Habeck kündigte nach Informationen des Tagesspiegel seine Kandidatur unter anderem intern gegenüber dem Parteirat sowie seinem Landesverband an. In der "taz" bestätigte er seine Ambitionen. Zuvor hatte bereits die Klimaschutzexpertin Baerbock ihre Bewerbung öffentlich gemacht.

Ende Januar wählen die Grünen auf einem Parteitag ihre Doppelspitze neu. Auch die bisherige Parteichefin Simone Peter will noch einmal antreten, die linke Flügelfrau ist allerdings intern stark umstritten. Cem Özdemir verzichtet hingegen nach neun Jahren auf eine erneute Kandidatur, Habeck ist sein Wunschnachfolger. Die Grünen besetzen ihre Vorsitzenden-Posten in der Regel mit einer Frau und einem Mann, außerdem sind üblicherweise beide Strömungen vertreten. Habeck und Baerbock zählen offiziell zu den Realos in der Partei, gelten allerdings beide nicht als ausgeprägte Flügelvertreter.

Habeck schreibt in einer Mail an seine Parteifreunde, er wolle sein Ministeramt „keinesfalls sofort aufgeben“, sondern benötige etwa ein Jahr, um angefangene Projekte zu einem Abschluss bringen und an einen Nachfolger übergeben zu können. Dafür wäre eine Änderung der Satzung nötig, die bisher ausschließt, dass ein Landesminister zugleich Vorsitzender der Grünen ist. Nach dem Scheitern von Jamaika auf Bundesebene stehe die Landesregierung in Schleswig-Holstein „erheblich unter Druck“. Er werde aber darauf achten, dass die Doppelbelastung „nicht zum Schaden“ der Grünen werde, verspricht der 48-Jährige seinen Parteikollegen.

Der Grünen-Politiker zeigte sich zuversichtlich, dass seine Partei eine Chance habe, eine „linksliberale Bewegung zu werden“, dem politischen Spektrum eine Dynamik hin zu Progressivität, Solidarität und Ökologie zu geben. Dafür wolle er einen Beitrag leisten. Dafür müssten die Grünen aber auch ein paar Dinge anders machen als zuvor, forderte Habeck: Die Gegensätze zwischen den Flügeln dürften nicht „überbordend“ werden, und es müsse aufhören, dass Bund gegen Länder ausgespielt würden.

"Wir befinden uns in einer definierenden Zeit – gesellschaftlich und als Partei", sagt Habeck der "taz". Damit bezog er sich auf eine verbreitete Verunsicherung in der Gesellschaft einerseits und die Notwendigkeit, Akzeptanz für grüne Lösungen zu finden. Dieses habe er in sechs Jahren als Landesminister gelernt. "All das würde ich gern im Bundesvorstand einbringen: meinen Kampfesgeist und meinen Idealismus – und das mit beiden Füßen auf der Erde."

Die Grünen sollen eine "Bewegungspartei" sein

Baerbock sprach am Sonntag von einer "Bewegungspartei", beschwor den "Teamspirit" der Grünen und die "Einigkeit in unserer Vielfalt", wie sie sich schon bei den Sondierungen gezeigt habe. Als Mitglied der Grünen-Verhandlungsgruppe war sie dort erstmals einem größeren Publikum aufgefallen. "Ich möchte mit meiner Kandidatur auch ein Angebot machen, dass sich diese Vielfalt auch bei internen Wahlentscheidungen in unserer Partei widerspiegelt, ohne dass vorher alles fertig ausklamüsert und ausgeflügelt wird", schrieb die 36-Jährige bei Facebook.

Annalena Baerbock am Samstag bei der Landesmitgliederversammlung der Hamburger Grünen.
Annalena Baerbock am Samstag bei der Landesmitgliederversammlung der Hamburger Grünen.

© Georg Wendt/dpa

"Die größte Zukunftsherausforderung für uns als Grüne ist und bleibt die Eindämmung der Klimakrise", sagte Baerbock zu ihren inhaltlichen Vorstellungen. Zugleich müssten der Zusammenhalt in der Gesellschaft und in Europa gestärkt und Antworten auf die Folgen der Digitalisierung in allen Lebensbereichen gefunden werden. "So krass das ist: wir müssen dafür sorgen, dass die deutsche Europapolitik nicht nach rechts abrutscht."

Ob die Grünen nun langweilig werden, wenn alle nach der Einigkeit der Flügel streben? Baerbock will auf klare Auseinandersetzungen nicht verzichten. "Ich will, dass sie unter die Haut gehen", wünscht sie sich für die innerparteilichen Debatten. "Sie dürfen, ja sie müssen ruhig laut sein, ohne zu diffamieren."

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