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"Die Lage kann nicht düsterer sein", sagt der neue spanische Regierungschef Mariano Rajoy. Das Land befindet sich in einer tiefen Rezession.

© dpa

Paukenschlag in Madrid: Neue Regierung schockt Spanier mit drastischen Sparmaßnahmen

Der neue konservative Regierungschef Mariano Rajoy verkündete am letzten Arbeitstag vor dem Jahreswechsel ein erstes hartes Sparpaket, das weit über die erwarteten Kürzungen hinausgeht.

Mariano Rajoy stimmte die 47 Millionen Spanier auf schwere Zeiten im Jahr 2012 ein: Die beschlossenen Notmaßnahmen, die Steuererhöhungen, Belastungen für Beamte und Einschnitte in soziale Leistungen vorsehen, seien erst „der Anfang“, sagte Rajoys rechte Hand und Stellvertreterin, Soraya Saenz de Santamaria. Einziges Trostpflaster sei, dass die Renten um magere ein Prozent steigen.

Vize-Ministerpräsidentin Santamaria, die als Sprecherin das Gesicht der neuen Regierung sein wird, schockte die Spanier zudem mit der Nachricht, dass das Etatdefizit-Ziel 2011 weit verfehlt wurde. Ein erster Kassensturz nach dem Machtwechsel habe ergeben, dass die Haushaltsschulden des Staates im ablaufenden Jahr voraussichtlich rund acht Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) betragen – 2010 lagen sie bei 9,3 Prozent. Die abgewählte sozialistische Regierung von Jose Luis Zapatero hatte der Europäischen Union (EU) versprochen, die Neuschulden im Jahr 2011 auf sechs Prozent des BIP zu drücken. Die höhere Schuldenlast dürfte die Kreditwürdigkeit Spaniens an den Finanzmärkten weiter schwächen.

Mit dem nun, eine Woche nach dem Regierungswechsel, verkündeten schnellen Anti-Krisen-Paket, will Rajoy gleich zum Jahreswechsel ein Zeichen der Entschlossenheit setzen und 2012 schon einmal wenigstens 8,9 Milliarden Euro einsparen. Später sollen weitere Sparschritte folgen, um die horrende Schuldenkrise Spaniens unter Kontrolle zu bekommen – das Land gilt, wie Italien, als Euro-Wackelkandidat. Rajoy hatte bei seinem Amtsantritt angekündigt, dass 2012 mindestens 16,5 Milliarden Euro eingespart werden. Angesichts des erneut explodierten Haushaltsdefizites drohen nun aber Einsparungen von mehr als 30 Milliarden.

Das neue Sparpaket, welches Gewerkschaften und Bürger wie ein Hammerschlag traf, sieht vor, für alle Arbeitnehmer die Einkommenssteuer zu erhöhen. Die Gehälter der Staatsdiener, die schon 2011 auf durchschnittlich fünf Prozent Lohn verzichten mussten, werden eingefroren. Zudem müssen die Beamten künftig ohne Lohnausgleich jeden Tag eine halbe Stunde länger arbeiten, und es gibt einen Einstellungsstopp. Die Axt wird auch bei sozialen Leistungen angesetzt: etwa bei der „Emanzipationshilfe“, eine Art Mietzuschuss für mittellose junge Leute. Und, noch schmerzhafter, die Pflegeversicherung für Alte und Behinderte muss bluten.

„Die Lage kann nicht düsterer sein“, hatte Rajoy bei der Machtübernahme gesagt und zugleich zugesagt, dass Spanien 2012, wie mit der EU abgemacht, die Haushalts-Neuschulden auf 4,4 Prozent senken wolle. Doch der Weg dahin ist noch lang und ungewiss, zumal Spaniens Wirtschaft sich in der Rezession befindet und bedenklich schrumpft. Das bedeutet noch weniger Steuereinnahmen und noch weniger Spielraum. Die wirtschaftliche Lage sei „dramatisch“, sagte Rajoy: Mehr als fünf Millionen Menschen oder 23 Prozent der aktiven Bevölkerung seien schon ohne Job – bei den unter 25-Jährigen sind sogar fast 50 Prozent arbeitslos.

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