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Politik: Paunsdorf-Prozess: Einen Schaden will Biedenkopf nicht erkennen

Auch Ministerpräsidenten haben gelegentlich Lampenfieber. Das Spiel der Hände kann da verräterisch sein.

Auch Ministerpräsidenten haben gelegentlich Lampenfieber. Das Spiel der Hände kann da verräterisch sein. Sachsens Kurt Biedenkopf (CDU) versuchte seine Anspannung zu verbergen, indem er die Hände in den Hosentaschen vergrub, unschlüssig, ob er sich zwei Minuten vor der Zeit schon auf den Zeugenstuhl setzen oder noch etwas warten sollte. Dann der Blick zur Uhr und die nervöse Frage, warum der Tisch des Ausschussvorsitzenden denn so weit weg sei - als fürchte er sich, laut sprechen zu müssen.

Vor dem Untersuchungsausschuss des sächsischen Landtages zu den Vorgängen um die Vermietung eines Behördenzentrums in Leipzig-Paunsdorf ist Biedenkopf kein Zeuge, Biedenkopf sitzt als Betroffener auf dem Zeugenstuhl. Die PDS wirft ihm vor, dass durch seine Einflussnahme dem Freistaat ein Schaden von 352 Millionen entstanden sei oder im Laufe der Jahre noch entstehen wird, zugunsten seines persönlichen Freundes, des Kölner Bauunternehmers Heinz Barth und mutmaßt Amigo-Wirtschaft im Freistaat. Einen Vorwurf, den Biedenkopf als "beleidigend" zurückweist. Er steht auch vor dem Ausschuss zu der Freundschaft, die ihn seit "über einem Vierteljahrhundert" mit Barth verbinde. Der Kölner Bauunternehmer, ein geborener Leipziger, sei gemeinsam mit ihm gleich nach dem Fall der Mauer in die Messestadt gegangen.

Biedenkopf hat einen anderen Verdacht, warum diese Geschichte wieder auf den Tisch gekommen ist. Vor einem Jahr, als die Spendenaffäre der CDU in vollem Gange war, habe auch Sachsen eine Affäre gebraucht, vermutet Biedenkopf. Doch er habe eine 50 000-Mark-Spende Barths für seinen Wahlkampf ausgeschlagen. Das Projekt eines Einkaufs-, Büro- und Gewerbezentrums in Paunsdorf habe Leipzig schon Mitte 1990 geplant, Barth rund eine Milliarde Mark investiert. Dieser habe das Behördenzentrum dann gebaut, weil es der Freistaat gewollt und sich niemand anderes gefunden habe.

Einen Schaden, wie von der Opposition vorgerechnet, will Biedenkopf nicht erkennen. Dass zu großflächig angemietet wurde, wie ein Vorwurf lautet, könne er nicht finden. Mittlerweile müssten die Behörden in Paunsdorf sogar enger zusammenrücken. Der Freistaat könne sogar sparen, wenn er die Kaufoption nach zehn Jahre wahrnehme und dafür andere Immobilien verkaufe.

Biedenkopfs Unterton ist unüberhörbar. Während die PDS in ihm den Alleinverantwortlichen für das teure Behördenzentrum sieht, verweist Biedenkopf auf den geschassten Finanzminister Georg Milbradt. Selbst jener ominöse Brief an Milbradt vom Juli 1993, in dem die später kritisierten Mietkonditionen exakt aufgelistet werden, will Biedenkopf nicht als verkappte Dienstanweisung verstanden wissen. Es sei eine Unterrichtung über die Position des Investors gewesen, mehr nicht. Milbradt ist für diesen Dienstag vor den Ausschuss geladen.

Ralf Hübner

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