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Politik: PDS: Zurückhaltende Genossen

Wird Christian Wulff zum einsamen Mahner? Nach Einschätzung des stellvertretenden CDU-Vorsitzenden droht der SPD im Falle einer Koalition mit der PDS im Bund die Spaltung.

Von Matthias Meisner

Wird Christian Wulff zum einsamen Mahner? Nach Einschätzung des stellvertretenden CDU-Vorsitzenden droht der SPD im Falle einer Koalition mit der PDS im Bund die Spaltung. "Dann muss es einen Aufstand der Anständigen in den Reihen der Sozialdemokraten geben" - sagt Wulff voraus.

Mahnung hin, Mahnung her: Für die SPD stellt sich die Frage, ob sie sich auf Bundesebene wieder auf einen engeren Dialog mit der SPD einlässt. Gregor Gysi und Oskar Lafontaine hatten, noch vor der Bundestagswahl 1998, auf die Normalisierung im Verhältnis beider Parteien hingearbeitet. Beide spielen in der Führung ihrer Parteien keine Rolle mehr - und doch scheint zumindest in der PDS die Sehnsucht nach den alten Zeiten groß zu sein. Am Wochenende machte Roland Claus, der Vorsitzende der PDS-Bundestagsfraktion, den Sozialdemokraten wieder Avancen: "Zukunftsfähiger" müssten die Gespräche mit den Sozialdemokraten werden, verlangte er im Tagesspiegel-Interview: Kanzler Gerhard Schröder dürfe die PDS nicht nur "als seine Westentaschenreserve" betrachten.

Die SPD reagierte zunächst zurückhaltend auf das Gesprächsangebot von Claus. Lieber solle sich die PDS "erstmal selbst abstrampeln", wie es aus der SPD heißt. SPD-Generalsekretär Franz Müntefering wollte sich am Wochenende zum Thema nicht äußern, nachdem er zu Wochenbeginn die Entschuldigung der PDS-Führung zur Zwangsvereinigung von SPD und KPD als "ebenso spät wie nötig" begrüßt hat. In der Reaktion auf die Erklärung der PDS-Politikerinnen Gabi Zimmer und Petra Pau hatte Müntefering herausgestellt, dass die SPD eine klare und unveränderte Haltung zum Umgang mit der PDS habe. "Wir wissen um die Belastungen aus der Vergangenheit, akzeptieren selbstverständlich Ergebnisse demokratischer Wahlen und arbeiten auf dieser Basis auch mit der PDS zusammen." Solange sich die PDS aber nicht mit ihren Widersprüchlichkeiten "auch der Gegenwart" auseinandersetze, komme sie "auf Bundesebene für Regierungsmitverantwortung nicht in Frage".

Doch auch wenn eine Koalition von SPD und PDS 2002 im Bund höchst unwahrscheinlich erscheint - in den Ländern bereiten Genossen beider Parteien eine engere Zusammenarbeit vor. In Berlin, wo die Große Koalition seit Monaten kriselt, warb PDS-Landeschefin Pau nun auch für die von der PDS-Spitze geplante Erklärung, in der der Mauerbau 1961 klarer als bislang zu verurteilt werden soll. Pau zum "Spiegel": "Wer den Bau der Mauer rechtfertigt, der muss schon erklären, warum sie sich zunehmend mehr gegen die eigenen Bürger richtete als gegen den vermeintlichen Klassenfeind im Westen."

Mit Widerspruch in den eigenen Reihen hatten Pau und Zimmer gerechnet. Im Gespräch mit dem Tagesspiegel sagt der PDS-Ehrenvorsitzende Hans Modrow, er habe nichts gegen eine gründliche Analyse der Geschichte, bei der auch Bitternis und Probleme nicht verschwiegen werden sollten. Aber: "Mit Entschuldigungen werden wir uns Geschichte nicht aneignen können." Auch den Mauerbau will Modrow "historisch eingeordneter" betrachtet wissen: "Welche Rolle hat die Nato, welche Rolle der Warschauer Vertrag im gesamten Prozess gespielt?" Der PDS-Europaabgeordnete: "Wir müssen herauskommen aus einer Situation, in der es nur eine Welt des Guten und eine des Bösen gab."

Auch im "Neuen Deutschland" äußern sich die Bedenkenträger. Das Blatt druckte am Sonnabend eine Serie von Leserbriefen, in der gegen die "Erbärmlichkeit" des PDS-Auftritts gegen die Zwangsvereinigung gewettert wird. Leseprobe: "Bitte, fragt einmal Zeitzeugen von damals, ob sie bereit wären, sich diesem Canossagang anzuschließen und Abbitte zu leisten, für eine Sache, die am Anfang etwas Großartiges versprach!"

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