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Politik: Peking beschneidet Autonomie Hongkongs Zentralregierung behält sich Veto gegen demokratische Reformen vor

Mit einer umstrittenen Neuinterpretation der Verfassung hat Peking am Dienstag die politische Kontrolle über Hongkong verschärft. Eine weitere Demokratisierung der Ex-Kolonie sei nur mit Zustimmung der Zentralregierung in Peking möglich, erklärte ein Regierungsvertreter.

Mit einer umstrittenen Neuinterpretation der Verfassung hat Peking am Dienstag die politische Kontrolle über Hongkong verschärft. Eine weitere Demokratisierung der Ex-Kolonie sei nur mit Zustimmung der Zentralregierung in Peking möglich, erklärte ein Regierungsvertreter. Vertreter der demokratischen Parteien in Hongkong sprachen von einem „Bankrott“ der Hongkonger Autonomie und kündigten Proteste an.

„Das Recht zur Interpretation von Gesetzen liegt allein beim Volkskongress“, rechtfertigte der Vizevorsitzende des Ständigen Ausschusses des Volkskongresses, Qiao Xiaoyang, das Vorgehen Pekings. In einer nicht öffentlichen Sitzung hatte der Volkskongress eine Neuinterpretation des „Basic Law“ verabschiedet, wonach Peking ein Veto bei einer möglichen Direktwahl des Regierungschefs in Hongkong und weiteren demokratischen Reformen zusteht.

„Die Menschen in Hongkong sind ihrer Rechte beraubt worden“, erklärte der Direktor der Menschenrechtsgruppe Human Rights Monitor, Law Yuk-kai. „Das ist keine Neuinterpretation der Gesetze sondern die Schaffung einer zusätzlichen Hürde“, kritisierte auch die demokratische Abgeordnete Audrey Eu.

Hongkong wird seit dem Abzug der Briten 1997 von dem unpopulären Tung Chee-hwa regiert, einem von Peking eingesetzten ehemaligen Reeder. Besondere Auswahlverfahren sorgen dafür, dass die gegenüber Peking treuen Parteien im Hongkonger Legislativrat die Mehrheit haben. Umfragen zufolge ist die Mehrheit der Hongkonger für eine direkte Wahl ihres Regierungschefs, die laut dem „Basic Law“ eigentlich ab 2007 möglich sein sollte.

Mit der Neuinterpretation schloss Peking jetzt zwar eine Direktwahl des Regierungschefs nicht völlig aus, verschob sie jedoch auf eine unbestimmte Zukunft. Die direkte Wahl des Regierungschefs sei nur das „endgültige Ziel“, erklärte der Vizevorsitzende Qiao. Auch eine Ausweitung der Machtbefugnisse des Legislativrates, in dem die demokratischen Parteien bisher 24 Sitze einnehmen, hängt künftig vom Wohlwollen Pekings ab. Die Wahlen zum Legislativrat sollen im September stattfinden.

„Demokraten werden siegen“

„Es wird einen überwältigen Sieg für die Demokraten geben“, sagte der Analyst Andy Ho. Auch andere Experten rechnen damit, dass Pekings Vorgehen die Stimmung in der Bevölkerung gegenüber der Regierung weiter verschlechtern wird. So kritisierte der Politikwissenschaftler Ma Ngok von der Hongkonger Universität für Sozialwissenschaften und Technologie: „Eine vorherige Zustimmung durch Peking, wie sie in der Interpretation aufgelistet wird, war im ,Basic Law’ ganz klar nicht vorgesehen."

Deutschland hat sich derweil hinter die Kritik der Vereinigten Staaten an China vor der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen gestellt. Die Bundesregierung habe sich entschlossen, die amerikanische Resolution zu unterstützen, sagte die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im Bundestag, Christa Nickels (Grüne), in Genf. Die Vielzahl der Menschenrechtsverletzungen mache dies notwendig. Dass die Todesstrafe nicht erwähnt wird, kritisierte Nickels jedoch als „einen gravierenden Mangel des Textes“.

Harald Maass

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