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Liu

© AFP

Peking: Hohe Haftstrafe für chinesischen Bürgerrechtler

Der prominente chinesische Bürgerrechtler Liu Xiaobo ist am Freitag wegen Subversion zu einer ungewöhnlich hohen Strafe von elf Jahren Haft verurteilt worden. Liu hatte das sozialkritische Manifest "Charta 08" mitverfasst, das zu mehr Demokratie und Beachtung der Menschenrechte in China aufruft.

Das Erste Mittlere Volksgericht in Peking befand den 53-Jährigen der "Agitation mit dem Ziel des Umsturzes der Regierung" für schuldig, wie die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtete. Es ist nach Erkenntnissen von Menschenrechtlern die höchste Haftstrafe, die ein Gericht in China bisher wegen dieses Tatbestandes verhängt hat.

Sein Anwalt Shang Baojun zeigte sich überrascht über das harsche Urteil. Chinesische Intellektuelle sahen einen Versuch, alle Kritiker des kommunistischen Regimes in China einzuschüchtern. Die US-Regierung forderte die sofortige Freilassung von Liu Xiaobo. Internationale Menschenrechtsgruppen übten Kritik.

In dem Prozess war dem Ehrenvorsitzenden des chinesischen Pen-Clubs unabhängiger Schriftsteller unter anderem vorgeworfen worden, einer der Initiatoren des "Charta 08" genannten Appells für demokratische Reformen und die Achtung der Menschenrechte in China gewesen zu sein. Auch wurden ihm sechs Aufsätze angelastet, in denen Liu Xiaobo die diktatorische Herrschaft der Kommunistischen Partei in China scharf kritisiert hatte.

Sein Anwalt, der auf "unschuldig" plädiert hatte, zeigte sich enttäuscht. "Die Strafe ist höher, als wir erwartet haben", sagte Shang Baojun. Es habe Schweigen im Saal geherrscht, als der Richter das Urteil verlesen habe. Auf Bitten der Anwälte hin habe der Richter Liu Xiaobo am Ende ein paar Minuten für ein paar Worte mit seiner Frau gewährt.

Das Gericht verteidigte das Urteil mit dem Hinweis, "sich strikt an rechtliche Verfahren gehalten und Liu Xiaobos Rechte in dem Prozess umfassend geschützt zu haben". Obwohl das Gericht weiträumig abgeriegelt war und ausländische Diplomaten aus Deutschland, anderen EU-Staaten und den USA als Beobachter abgewiesen worden waren, sprach die Staatsagentur Xinhua von einem "öffentlichen" Prozess.

Nach dem Urteil zeigte sich die US-Regierung "tief besorgt". Menschen wegen friedlicher Meinungsäußerung zu bestrafen, verstoße gegen die - auch von China unterzeichnete - UN-Konvention über die Bürgerrechte, teilte eine Sprecherin des Außenministeriums in Washington mit.

Ein solches Urteil diene dazu, "all jenen eine Warnung zu geben, die kein Blatt vor den Mund", sagte der chinesische Künstler Ai Weiwei in Peking. Der Versuch werde aber nach hinten losgehen. "Die heutige Welt ist anders. Eine solche Strafe wird noch mehr umfassende Diskussionen auslösen und mehr Aufmerksamkeit für solche Fälle schaffen", sagte Ai Weiwei, der zu den bedeutendsten chinesischen Künstlern der Gegenwart gehört. "Die chinesische Regierung sollte versuchen, neue Maßnahmen zu ergreifen, um die Möglichkeiten zum Dialog und zum gegenseitigen Verständnis zu verbessern - sonst verhält sie sich töricht", sagte Ai Weiwei.

Liu Xiaobo sei ein "vernünftiger und wohlwollender Mensch". "Er benutzt Worte, um seine Ideen auszudrücken. Sein ganzes Werk entspricht der chinesischen Verfassung", so Ai Weiwei. Der Prozess sei "lächerlich." Der chinesische Bürgerrechtsanwalt Teng Biao nannte das Urteil "nicht akzeptabel". "Liu Xiaobo ist unschuldig", sagte Teng Biao. "Die Meinungsfreiheit ist durch die Verfassung geschützt."

Berlin "bestürzt" über Urteil gegen Liu Xiaobo

Die Bundesregierung kritisierte die Verurteilung mit deutlichen Worten und mahnte Meinungsfreiheit an. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich am Freitag "bestürzt", Außenminister Guido Westerwelle (FDP) "tief besorgt". Merkel äußerte die Hoffnung, dass das ungewöhnlich harte Urteil revidiert wird.

"Ich bedauere, dass die chinesische Regierung trotz großer Fortschritte in anderen Bereichen die Meinungs- und Pressefreiheit immer noch massiv einschränkt", sagte die Kanzlerin laut Mitteilung. Westerwelle betonte, China habe den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte gezeichnet, der die grundlegenden Menschenrechte, auch das Recht auf Meinungsfreiheit, garantiere. "Ich ermutige die chinesische Regierung, den Weg der Öffnung und Modernisierung ihres Landes fortzusetzen und die Einhaltung der Menschenrechte zu gewährleisten."

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) nannte das Urteil "erschreckend". Es sei im Anlass, im Verfahren wie im Strafmaß ein "deprimierender Beleg für die nach wie vor demonstrative Distanz Chinas von westlichen Maßstäben für Demokratie, Rechtsstaat und Menschenrechte". (smz/dpa)

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