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Politik: Per Rücktritt ins Amt

Politisches Comeback von Ex-Premier Juppé

Ein neues Demokratieverständnis zeigen die Stadtväter von Bordeaux. Nicht den Interessen der Wähler sehen sie sich verpflichtet, sondern denen des früheren Bürgermeisters Alain Juppé. Um dessen Rückkehr ins Amt zu ermöglichen, traten die 50 konservativen UMP-Ratsmitglieder unter Führung des derzeitigen Stadtoberhaupts Hughes Martin geschlossen zurück. Nun sollen die Bürger der südwestfranzösischen Hafenstadt einen neuen Stadtrat wählen – mit Juppé als Spitzenkandidat auf der UMP-Liste.

Juppé, einer der engsten Vertrauten von Staatspräsident Jacques Chirac, war Ende 2004 in einer Affäre um illegale Machenschaften bei der Parteifinanzierung von einem Berufungsgericht zu 14 Monaten Gefängnis mit Bewährung und zur Aberkennung des passiven Wahlrechts während eines Jahres verurteilt worden. Der 61-jährige ehemalige Premierminister und Ex-Vorsitzende der UMP, den Chirac „als den Besten unter uns“ zu seinem Nachfolger aufzubauen gehofft hatte, musste darauf sein Abgeordnetenmandat niederlegen und als Bürgermeister von Bordeaux zurücktreten.

Doch seine politische Zukunft war nicht verbaut. Jetzt kehrte er nach einem vorübergehenden „Exil“ als Hochschuldozent in Kanada wieder zurück. Als künftiger Bürgermeister von Bordeaux will er sich eine Plattform schaffen, die es ihm ermöglicht, in der entscheidenden Phase vor den Präsidenten- und Parlamentswahlen im Frühjahr 2007 seinen Einfluss bei den politischen Weichenstellungen der Rechten geltend zu machen..

Die Mitglieder der Opposition im Stadtrat haben den „spontanen“ Rücktritt, mit dem sich die Ratsmehrheit dem Anspruch Juppés beugte, als „Politik nach Gutsherrenart“ kritisiert. Dafür werde der Stadtsäckel 18 Monate vor den nächsten regulären Gemeindewahlen mit 300 000 Euro Kosten für die Neuwahl belastet. Die Demokratie habe eben ihren Preis, verteidigte sich Juppé. Er habe den Bürgern von Bordeaux versprochen zurückzukommen und antworte nun auf ihr „Verlangen, wieder an ihrer Spitze zu stehen“. Über seine Ambitionen in der Pariser Politik ließ er sich nicht aus. Dass er dem Innenminister und UMP-Vorsitzenden Nicolas Sarkozy noch die Kandidatur zur Präsidentenwahl streitig machen könnte, ist unwahrscheinlich. Angeblich haben sich beide schon verständigt. Wenn Sarkozy siegt, soll Juppé Parlamentspräsident werden.

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