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Berichtspflicht nach Brüssel. Künftig sollen auch europäische Vorgaben für Nahverkehrspläne entwickelt werden.

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Personennahverkehr: Städtetag gegen EU-Kontrolle

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Stephan Articus, kritisiert die Einmischung der EU in den öffentlichen Personennahverkehr.

Der Deutsche Städtetag warnt vor einer Überregulierung des öffentlichen Personennahverkehrs durch die EU. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Stephan Articus, sagte dem Tagesspiegel, die geplanten europäischen Vorgaben zur Aufstellung von Nahverkehrsplänen und die Änderungen beim Vergaberecht gefährdeten „ernsthaft unsere Aufgabe, den öffentlichen Personenverkehr kundenfreundlich zu planen, zu organisieren und zu finanzieren“. Der Städtetag wendet sich dagegen, den öffentlichen Personennahverkehr von der EU kontrollieren zu lassen.

An diesem Mittwoch will das Europaparlament in erster Lesung über einen Vorschlag der EU-Kommission entscheiden, der unter anderem den Wettbewerb bei der Vergabe von Aufträgen an S-Bahn-Betreiber verstärken soll. Nach dem zur Abstimmung stehenden Entwurf sind auch künftig sogenannte Direktvergaben ohne Ausschreibung im Nahverkehr möglich. Das betrifft die Beförderung mit Bussen, Straßenbahnen und U-Bahnen. Articus warnte davor, an der Direktvergabe in diesem Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs zu rütteln. „Ein Zwang zur wettbewerblichen Vergabe würde gewachsene örtliche Strukturen zerrütten und Beschäftigte in den Verkehrsbetrieben um ihren Arbeitsplatz bangen lassen“, sagte er.

Darüber hinaus sehen die EU-Vorschläge im Rahmen des „Vierten Eisenbahnpakets“ europaweite Vorgaben für die Entwicklung von Nahverkehrsplänen vor. „Weder jährliche Berichte über Pünktlichkeit und Verlässlichkeit an die Europäische Kommission noch ein europaeinheitlicher Plan für den öffentlichen Verkehr helfen uns, den Nahverkehr für die Menschen vor Ort sicherzustellen und zu verbessern. Durch solche Pläne und Berichte fährt keine Straßenbahn pünktlicher“, kritisierte Articus.

Nach dem Willen der EU-Kommission sollen die Behörden europaweit dazu verpflichtet werden, verbindliche Transportpläne für den Nahverkehr aufzustellen. Der Städtetag sieht dies nicht durch den EU-Vertrag gedeckt: Die Kontrolle über den Nahverkehr obliege laut EU-Vertrag von Lissabon den Kommunen und Mitgliedstaaten, argumentiert der kommunale Spitzenverband. Kritiker monieren, dass durch die Neuregelung, die im EU-Parlament eine Mehrheit finden dürfte, zusätzlicher bürokratischer Aufwand entsteht. In Deutschland existieren flächendeckende Nahverkehrspläne bereits. Hier würden Städte und Landkreise durch Brüssel in die Berichtspflicht genommen – sie sind die Auftraggeber für Betreiber von U-Bahnen, Straßenbahnen und Bussen.

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