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Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) bringt der SPD beruhigende Kunde.

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Peter Altmaiers (CDU) sozialpolitische Offerte: Signal für die Sozis

Peter Altmaier (CDU) macht dem alten und vielleicht neuen Koalitionspartner eine sozialpolitische Offerte.

Peter Altmaier ist ein Unikum: geschäftsführender Bundesfinanzminister und Kanzleramtschef in einem, Zentralfigur der Koalitionsverhandler der CDU, wandelnde Kontaktbörse mit Verbindungen in alle Welt und speziell nach Brüssel. Und Bote der Kanzlerin. Als solcher bringt er zwar nicht unbedingt die Rettung, aber via „Süddeutsche Zeitung“ zumindest beruhigende Kunde an die SPD. Und zwar in zweifacher Hinsicht. Altmaier signalisiert der einzig verbliebenen Partnerin für eine Mehrheitsregierung einerseits, dass auch die Union aus ihrem schwachen Wahlergebnis die Folgerung gezogen hat, das Soziale wieder stärker zu betonen. Andererseits aber scheint der Vertraute der Kanzlerin mit einem eher zurückhaltenden Katalog von möglichen Gemeinsamkeiten der SPD nahelegen zu wollen, Großentwürfe wie die Bürgerversicherung oder üppige Steuererhöhungen für Gutverdiener bleiben zu lassen. Es soll, so kann man herauslesen, eine neue Groko entstehen, welche die Dinge nicht viel anders angeht als die alte. Raus aus dem Wahlkampf, rein ins pragmatische Tagesgeschäft.

Der Wohnungsbau soll angekurbelt werden, gleichzeitig kann sich Altmaier ein höheres Wohngeld vorstellen, „damit jüngere Arbeitnehmer und Familien ihre Miete bezahlen können“. Unzulänglichkeiten macht der CDU-Stratege bei der Alten- und Krankenpflege aus. „Pflege und Gesundheit werden ein Schwerpunkt der Arbeit der neuen Bundesregierung sein“, stellt er fest, als ob es sie schon gäbe. Altmaier entdeckt die 900 000 Langzeitarbeitslosen als Thema und kramt „Misslichkeiten bei Krankenhäusern“ als zu lösende Problematik hervor. Steuerentlastung für mittlere und kleine Einkommen wird als Angebotspäckchen ebenfalls unter den sozialdemokratischen Weihnachtsbaum gelegt.

Die sozialpolitische Offerte Altmaiers ist freilich so sachte dosiert, dass der eigene Wirtschaftsflügel nicht in Wallungen geraten dürfte. Dort trauert man noch der gescheiterten Jamaika-Koalition nach, weil man gern zusammen mit der FDP nach vier sozialdemokratisch geprägten Jahren mal wieder etwas mehr christdemokratische Wirtschaftsfreundlichkeit ausgestrahlt hätte. Carsten Linnemann, Chef der Mittelstandsvereinigung, reagierte auf die Äußerungen Altmaiers nur mit einer allgemeinen Note der sachten Distanzierung. „Wenn es wieder zu einer neuen großen Koalition kommt, dann sollten wir darauf achten, Substanz aufzubauen und nicht Substanz abzubauen“, sagte er dem Tagesspiegel. Dass die Wirtschaftslobby das Platzenlassen der Jamaika-Sondierungen durch die Freien Demokraten nicht gerade bejubelte, dass sie keinen größeren Druck auf die FDP aufbaute, dass sie Kritik an Christian Lindner übte und nicht an Angela Merkel, scheint beim unternehmernahen Flügel der Union zu dem Eindruck zu führen, die Wirtschaft sei doch weniger parteipolitisch orientiert – sondern auch eher pragmatisch.

Gerhard Schröder (SPD) empfiehlt seiner Partei die große Koalition

Dass Altkanzler und Altpragmatiker Gerhard Schröder seiner Partei in barscher Kürze („Kein Theater, sondern eine große Koalition, was sonst?“) die dritte Runde mit jener Politikerin empfiehlt, von der er einst sagte, seine Partei werde sie nie zur Kanzlerin wählen – das dürfte zwar im sozialdemokratischen Funktionärskreis Ärger erzeugen, aber auch Druck aufbauen. Außenminister Sigmar Gabriel begab sich schon mal in Fernverhandlungen mit Gesundheitsminister Hermann Gröhe. Zwar forderte Gabriel nochmals den Einstieg in die Bürgerversicherung für alle, aber er sprach auch ein eher erreichbares Ziel mit Blick auf die Krankenversicherung an: Es müsse Schluss damit sein, dass Arbeitgeber geringere Beiträge zahlten als Arbeitnehmer. Das wies Gröhe zwar zurück, aber legte als Gegengebot die Deckelung des Zusatzbeitrags auf den Gabentisch, um Versicherte so vor finanzieller Überforderung zu schützen.

SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles wiederum machte deutlich, dass ihre Partei schon auf höhere Steuern für Reiche bestehen werde. Spitzenverdiener müssten stärker durch einen höheren Spitzensteuersatz und eine Reichensteuer an der Finanzierung staatlicher Aufgaben beteiligt werden, forderte sie. „Und wir wollen die Abgeltungsteuer abschaffen, Kapital und Arbeit endlich wieder gleich besteuern, das hat auch eine symbolische Bedeutung“, sagte sie dem „Spiegel“. Letzteres hatte immerhin schon Ex-Finanzminister Wolfgang Schäuble in Aussicht gestellt. Ob die CDU den höheren Spitzensteuersatz mitmacht, ist unklar – ein klares Nein gab es dazu bisher nicht. Gut möglich, dass Union und SPD sich darauf verständigen, den Solidaritätszuschlag, dessen Volumen von gut 16 Milliarden Euro vor allem von Besserverdienenden kommt, längerfristig abzubauen.

Laut Altmaier wurde in den Jamaika-Gesprächen erreicht, dass etwa drei Viertel aller Steuerzahler ab 2021 gar keinen „Soli“ mehr hätten zahlen müssen. „Möglicherweise sieht die SPD das graduell anders“, stichelte Altmaier. Er weiß, dass der Soli eine passable Verfügungsmasse ist für die Verhandlungen. Die sollen nun schon, abweichend von der bisherigen, etwas gemächlicheren Planung, schon am 3. Januar mit einer Runde der Partei- und Fraktionsspitzen fortgesetzt werden.

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