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Politik: PETER STRUCK

Dass Peter Struck seine wahre Bestimmung auf den Spuren Georg Lebers und Helmut Schmidts finden würde, hat er selbst ja am wenigsten geglaubt. Bis zum Sommer 2002 verband ihn mit dem Militär allenfalls Metaphorisches: Der SPD-Fraktionschef galt als politische Vielzweckwaffe mit gelegentlicher Neigung zum Querschuss.

Von Robert Birnbaum

Dass Peter Struck seine wahre Bestimmung auf den Spuren Georg Lebers und Helmut Schmidts finden würde, hat er selbst ja am wenigsten geglaubt. Bis zum Sommer 2002 verband ihn mit dem Militär allenfalls Metaphorisches: Der SPD-Fraktionschef galt als politische Vielzweckwaffe mit gelegentlicher Neigung zum Querschuss. Die unverhoffte Beförderung in den Bendler- Block erwies sich für alle Beteiligten als Glücksfall. Struck bekam nicht nur Spaß an der und hohe Achtung für die Truppe, deren Befehlshaber er war. Die Bundeswehr erkannte auch umgekehrt rasch, dass sie einen lern- und durchsetzungsfähigen Chef bekommen hatte. Obendrein einen mit Bodenhaftung, der schon mal in Sarajewo mit schwarzer Sonnenbrille den Blues Brother gibt und am Hindukusch mit dem Satz „Jungs, erzählt mal, was hier so los ist“ im Mannschaftszelt verschwindet, derweil die höheren Dienstgrade sich draußen die Beine vertreten.

Das afghanische Gebirgsmassiv hat ihm den Eintrag ins Zeitgeschichtsbuch gesichert. Sein Satz „Deutschland wird auch am Hindukusch verteidigt“ ist Sinnbild für eine neue Verteidigungsdoktrin geworden, die Sicherheit jenseits der Landesgrenzen definiert. Auf diese neue Doktrin des weltweiten Einsatzes zugeschnitten ist seine Reform der Reform Rudolf Scharpings. Dass er bei der Gelegenheit die Pläne seines Vorgängers auf ein einigermaßen bezahlbares Maß zurechtstutzte, ist späte Frucht der Haushälter-Schule, die der Parlamentarier in 25 Jahren im Bundestag durchlaufen hat.

Gelernter Jurist, 1943 in Göttingen geboren, kam Struck über die Kommunalpolitik in Uelzen nach Bonn. Dort regierte noch die sozialliberale Koalition; zwei Jahre später brachen die 16 langen Jahre Opposition an. Struck verdiente sich die Sporen für Höheres als bissiger SPD-Obmann im Flick-Untersuchungsausschuss. 1990 bekam er als Parlamentarischer Geschäftsführer die Lizenz zum Strippenziehen. Die nutzte er auf seine schlitzohrige Weise, mal brummelig, mal launig, mal voll lautstarker Empörung über die Pfuscher auf der Regierungsbank – mit denen er nach vollzogener Beschimpfung ein duzkollegiales Bier trank. Worin sich ein Wesenszug des Peter Struck enthüllte: eine beinahe respektvolle Demut davor, dass auch die anderen nicht mehr und nicht weniger als Vertreter des Volkes sind.

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