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Bundeskanzlerin Angela Merkel.

© Michel Kappeler/Pool via REUTERS

Petersberger Klimadialog: Europa droht, den Fehler der Finanzkrise zu wiederholen

Die Corona-Krise bietet die einmalige Chance, die grüne Wirtschaft voranzubringen. Vor allem Deutschland muss hier antreiben. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Nora Marie Zaremba

Die Coronakrise verdrängt die Klimakrise: Von den Titelseiten, aus den Umfragen, aus den Tagungszentren. Die Weltklimakonferenz ist auf nächstes Jahr verschoben. Bleibt es aber beim Bekenntnis zum Klimaschutz?

Ein klares Ja muss als Botschaft vom heute startenden Petersberger Klimadialog ausgehen, bei dem Minister aus aller Welt virtuell zusammenkommen. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel wird dort sprechen. Gerade weil die internationale Klimadiplomatie wegen der Coronakrise so durcheinandergewirbelt wurde, bietet der Petersberger Klimadialog Gelegenheit, die Aufmerksamkeit wieder auf die Gefahren der Erderwärmung zu lenken.

Denn die Coronakrise lässt keine Verschnaufpause. Wer in den weltweit temporär sinkenden Treibhausgasemissionen einen Schritt nach vorne sieht, liegt falsch. Ja, gerade ist der Stromverbrauch im Keller, die Flugzeuge bleiben am Boden und das eigene Auto steht in der Garage.

Doch die Regierungen planen, viel Geld in die Hand zu nehmen, um die Wirtschaft anzukurbeln. Dann fliegen wir wieder, fahren Auto, es wird umso mehr produziert. Allein die EU plant Investitionen mindestens in Höhe einer dreistelligen Milliardensumme.

Dieses Geld nicht zu nutzen, um eine saubere Wirtschaft in Europa aufzubauen, hieße, den Fehler zu wiederholen, der schon in und nach der Finanzkrise gemacht wurde. Damals schossen die Emissionen während der Erholungsphase drastisch in die Höhe.

Einmalige Chance

Merkel hat den Petersberger Klimadialog einst ins Leben gerufen. Sie darf ihre Zuhörer nicht mit Worthülsen abspeisen. Es braucht die konkrete Zusage, dass der europäische Green Deal, das große Programm für einen starken Klimaschutz in der EU, elementarer Bestandteil ihrer Planungen ist.

Wenn Deutschland im Juli die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt, ist das die einmalige Chance, die Wiederbelebung der europäischen Wirtschaft in Einklang mit den Klimazielen zu gestalten. Die europäische Idee wird jetzt mal wieder totgesagt.

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Da kann das Projekt, Europa mit einem grünen Wirtschaftsplan aus der Krise zu führen, neuen Zusammenhalt schaffen. Deutschland, das viele EU-Mitgliedstaaten derzeit als Bremser empfinden, würde zum Motor. Keine Worthülsen: Das gilt auch für die nationale Klimapolitik.

Merkel muss dafür sorgen, dass der Ausbau der Wind- und Solarenergie, der gerade im Koalitionsgeplänkel zwischen Schwarz und Rot zerrieben wird, endlich beginnt. Sie muss sicherstellen, dass der Kohleausstieg noch in diesem Jahr startet.

Wasserstofftechnologie

Dass die Wasserstofftechnologie mit Anschubfinanzierung auf die Beine kommt. Dass der Ausbau der Elektromobilität vorangeht. Nur wenn die Bundesregierung ihre Klimaziele einhält, kann sie in der EU glaubhaft den Klimaschutz vorantreiben.

Der Umbau überfordert unsere Industrie, rufen die Skeptiker der Transformation, so fände Klimaschutz sicherlich keine Nachahmer in der Welt. Sie übersehen, dass der europäische Green Deal andere Staaten längst inspiriert.

Während in Europa in der Coronakrise die Machbarkeit des Green Deals immer wieder angezweifelt wird, hat Südkorea, das große Vorbild im Kampf gegen das Virus und ebenfalls Industrieland, just mit seinem eigenen Green Deal auf die Krise geantwortet. Vorbild sind wiederum die europäischen Ambitionen. Was Südkorea den Skeptikern voraus hat, ist die klare Erkenntnis, dass im Klimaschutz wirtschaftliche Chancen liegen.

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