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Pflege: Mehr Geld statt mehr Reform

Die Koalition wird sich in Sachen Pflegeversicherung wohl nicht auf eine Reform einigen können. Statt dessen wird es wohl nur eine Beitragserhöhung geben.

Eine große Pflegereform in dieser Wahlperiode wird immer unwahrscheinlicher. Wie aus Koalitionskreisen verlautete, werden die Spitzen von Union und Sozialdemokraten sich bei ihrem Treffen am Montag im Kanzleramt voraussichtlich nicht auf eine neue Art der Finanzierung des Systems verständigen. Stattdessen wird damit gerechnet, dass sich die Koalition kommende Woche lediglich auf eine Beitragserhöhung einigt. Deren Ausmaß ist zwischen den Koalitionspartnern bisher ebenfalls strittig. Während Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) den Anstieg der Beiträge auf 0,2 Prozentpunkte beschränken will, pocht Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) auf eine stärkere Erhöhung. Der Sprecher des Gesundheitsministeriums, Klaus Vater, erklärte dazu am Freitag, die Fachminister hätten sich in den Verhandlungen bisher noch nicht auf „eine bestimmte Anpassungshöhe“ festgelegt.

Regierungssprecher Thomas Steg verteidigte die geplanten Maßnahmen gegen den Vorwurf, sie seien nur eine „Minireform“. Für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen handele es sich um eine „große Reform“. Nach Darstellung Vaters haben sich Schmidt, von der Leyen und Verbraucherschutzminister Horst Seehofer, der die CSU in den Verhandlungen vertreten hat, auf „gut finanzierbare“ Leistungsverbesserungen für Pflegebedürftige geeinigt. Laut Vater soll unter anderem die Finanzhilfe für die Betreuung Demenzkranker von bisher 450 Euro auf 2400 Euro jährlich angehoben werden. Betroffen sind rund eine Million alte Menschen.

Gesundheitsministerin Schmidt lobte die Verabredungen mit ihren Ministerkollegen am Freitag als „hervorragendes Angebot“ an den Koalitionausschuss. Schmidt sagte, sie sei sich sicher, dass die Reform „neue Maßstäbe in der Pflege“ setzen werde. Zugleich gestand Schmidt ein, dass die Finanzierung zwischen den Koalitionären noch nicht geklärt sei.

Wie schon bei der Gesundheitsreform machen der Koalition auch bei der Finanzierung der Pflegeversicherung konträre Grundsatzpositionen zu schaffen. So besteht die SPD darauf, den privaten Pflegeversicherungen einen Beitrag an die gesetzlichen Versicherungen abzuverlangen. Sie kann sich dabei auf den Koalitionsvertrag berufen, in dem ein Zuschuss der Privaten festgeschrieben ist. Die Union lehnt dies jedoch wegen verfassungsrechtlicher Bedenken ab und fordert die Bildung eines Kapitalstocks zur Finanzierung der Pflege. Vor diesem Hintergrund mehren sich in beiden Parteien die Stimmen, auf eine Reform der Finanzierung zu verzichten und sich bis zur Bundestagswahl 2009 mit einer Beitragserhöhung zu begnügen.

Dagegen appellierte das SPD-Netzwerk, in dem sich die reformorientierten jüngeren Abgeordneten zusammengeschlossen haben, am Freitag an die große Koalition, noch in dieser Wahlperiode eine große Pflegereform zu beschließen. Eine geringfügige Beitragserhöhung reiche nichts aus, um das System zukunftsfest zu machen, sagte Netzwerk-Sprecherin Nina Hauer dem Tagesspiegel. „Mit einer Minireform wird das Problem nicht gelöst. Durch eine minimale Beitragserhöhung lässt sich das gestiegene Pflegebedürfnis der Elterngeneration auf Dauer nicht finanzieren“, sagte die SPD-Bundestagsabgeordnete. Auf die Generation der heute 30- bis 40-Jährigen komme mit der Pflege ihrer Eltern eine Aufgabe zu, mit der der Staat sie nicht alleine lassen dürfe.

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