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Vom Netz in die Halle: Die Piratenpartei hofft, ihre Situation am Wochenende auf dem Treffen in Neumarkt bei Nürnberg zu verbessern (im Bild der Sonderparteitag in Dortmund vor einem Jahr). Derzeit ist die Lage trübe: Seit Monaten dümpelt die einstige Senkrechtstarterin in Umfragen unter der magischen Fünf-Prozent-Grenze. Foto: Ina Fassbender/rtr

© REUTERS

Piratenpartei Deutschland: Vorstand verordnet sich Zurückhaltung

Die Piraten bangen um den Einzug in den Bundestag – jetzt wollen sie Negativ-Schlagzeilen vermeiden. Die Frage bleibt, ob das gelingt.

Klaus Peukert ist kein Lautsprecher der Piraten. Auch keiner, der versteckte Botschaften schickt. Und es war auch nur ein blöder Versprecher, der dem Vorstandsmitglied am Montag bei der Präsentation des Parteitagsprogramms herausgerutscht ist. Aber der Lapsus passt zu gut zum derzeitigen Zustand der Piratenpartei. Die hat beim Parteitag am Wochenende in Neumarkt bei Nürnberg nämlich drei Vorstandsposten zu vergeben: einen neuen Politischen Geschäftsführer und „zwei Beisetzer“.

Dabei ist die Untergangsstimmung bei den Piraten noch gar nicht so weit fortgeschritten. Den Einzug der Partei in den Bundestag haben einige schon abgeschrieben. Die Partei als solche aber noch nicht. Peukert hat sich auch schnell gefangen und korrigiert. Schließlich ist die Partei auf der Suche nach zwei neuen „Beisitzern“. Fakt ist aber, dass die Streitigkeiten der vergangenen Monate sehr schwer wiegen. Vor allem der Zwist zwischen dem scheidenden Geschäftsführer Johannes Ponader und dem Rest der Partei. Ponader gibt sein Amt auf, wer für ihn folgt, ist noch unklar. Sieben Kandidaten gibt es im Moment. Es ist nicht ausgeschlossen, dass bis Freitag noch weitere hinzukommen.

Namhafte Piraten wie Marina Weisband oder die Berliner Martin Delius und Christopher Lauer sind noch nicht dabei. Sehr reizvoll ist die erste Reihe bei den Piraten im Moment auch nicht. Der Vorstand hat sich Zurückhaltung verordnet. Bloß nicht auffallen lautet die Devise, schon gar nicht negativ. Auch auf den Plakaten für die Bundestagswahl sollen keine Vorstandsmitglieder zu sehen sein.

Die Piratenpartei Deutschland und die Zurückhaltung

Doch so einfach ist das mit der Zurückhaltung nicht. Das musste jetzt auch Parteichef Bernd Schlömer wieder merken. Er hat die Partei am Montag mit einem Zitat aufgeschreckt. „Uns fehlt die Kraft und die Motivation für den Wahlkampf“, sagte er angeblich der „tageszeitung“ am Wochenende. Die Reaktionen folgten prompt. Aus Hessen wurde ihm via Twitter ein Bild geschickt, auf dem ihm mehrere Piraten den Mittelfinger entgegenstrecken. „So beginnt eine Treibjagd gegen Menschen“, entgegnet er. Dabei will er der „taz“ die fraglichen Worte so nicht gesagt haben. „Im Gegenteil. Die Lage ist nicht so schlecht, wie sie oft dargestellt wird“, sagte Schlömer dem Tagesspiegel. Er sei falsch zitiert worden. Die Reaktionen hält er trotzdem für überzogen. „Zur Debattenkultur bei den Piraten ist ja schon viel geschrieben worden“, sagt Schlömer. Peukert will die Reaktion aus Hessen eigentlich nicht kommentieren und sagt dann doch: „Einige in der Partei haben verstanden, welche Verantwortung sie tragen, andere nicht.“

Dabei zeigt der Vorgang vor allem, wie angespannt die Nerven aller Beteiligten sind. Seit Monaten kommt die Partei in Umfragen nicht mehr über fünf Prozent. Zudem haben sie nun auch noch Konkurrenz bekommen. Die Anti-Euro-Partei Alternative für Deutschland (AfD) ist zwar so etwas wie das Gegenmodell zur Piratenpartei. Transparenz ist der AfD nicht so wichtig. Sie hat ein konkretes, fassbares Thema, der Ausstieg aus dem Euro. Dagegen fehlt ein Meta-Thema wie die Bürgerbeteiligung bei den Piraten. Und doch fischen beide auch im selben Lager – bei den Protestwählern. Für Schlömer ist das kein Grund zur Besorgnis. „Die Parteien unterscheiden sich inhaltlich deutlich, weil wir pro-europäisch und vorwärtsgewandt sind und kein Verein älterer Männer“, sagte er.

Hoffnungsschimmer Parteitag

Die Piraten legen ihre Hoffnung in den Parteitag am Wochenende. „Davon kann ein Aufbruchsignal ausgehen“, sagte Schlömer. Für die Partei soll es der Start in die Wahlkampfphase sein. Aber es ist einer mit Unwägbarkeiten. Zwei Tage wollen sie, so hat es eine parteiinterne Umfrage ergeben, über ihr Wahlprogramm reden. Dabei stehen die klassischen Piratenthemen Netzpolitik, Bürgerbeteiligung, Datenschutz und auch Sozial- und Arbeitsmarktpolitik im Vordergrund. Streit dürfte es vor allem am ersten Tag geben. Da geht es unter anderem um die „Ständige Mitgliederversammlung“ im Netz. Und dann könnte sich auch entscheiden, ob die Piraten künftig weitere „Beisitzer“ oder doch „Beisetzer“ brauchen.

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