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Boris Pistorius (SPD), Niedersachsens Minister für Inneres und Sport in Niedersachsen

© dpa/Peter Steffen

Pistorius als SPD-Vorsitzender?: Ein Niedersachse will was – und der heißt nicht Weil

Wer Niedersachsen führt, muss sich viel zutrauen. Landeschef Weil agiert schwach. Der Innenminister schafft Fakten. Das bleibt im Gedächtnis. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Im Hintergrund der SPD-Vorsitzendenkür tun sich große Dinge. Und wenn nach Mitgliederbefragung und dem Parteitag am 6. Dezember in dieser Hinsicht alles abgeschlossen sein wird – dann kann das andere offenbar werden. Es geht um den Landesverband Niedersachsen, den wichtigsten neben Nordrhein-Westfalen.

Wer dort das Sagen hat, in NRW wie in Niedersachsen, der oder die muss sich vieles trauen. Und alles zutrauen. Niemals zugeben, wenn nicht. Denn die Führungsspitzen dort sind allein schon von Amts wegen Kanzlerreserve und Reservevorsitzende. Nicht vergessen: „Ein Niedersachse muss Kanzler werden“, Gerhard Schröder 1998. Das zeugte nebenbei nicht nur vom Selbstverständnis Schröders.

Hannelore Kraft, ehedem Ministerpräsidentin und SPD-Chefin im Land zwischen Rhein und Weser, hatte für sich ausgeschlossen, nach Berlin zu gehen und jemals dort höchste Ämter zu übernehmen. Danach war sie öffentlich und parteiintern geschwächt. Sie hatte, unter anderem, den Stolz der Menschen auf ihr Rheinland und Westfalen unterschätzt. Wer dieses Bundesland führt, eines der stärksten Industrieländer der Welt... Auch damit begann Krafts Niedergang.

Plötzlich erstaunlich schwach

Und, ist eine Ähnlichkeit zu aktuellen Ereignissen aufgefallen? Gemeint ist Stephan Weil, SPD-Chef in Niedersachsen. Der hat sich aus einer erwarteten Bewerbung um den Bundesvorsitz herausgewunden, und zwar in einer verschwurbelten Art und Weise, die ihn plötzlich erstaunlich schwach erscheinen ließ. Weil sagte, er gehe davon aus, dass er nicht kandidieren werde. Von wegen „sturmfest“, wie es das Niedersachsenlied vorgibt.

Seither trägt der Ministerpräsident ein unsichtbares Verfallsdatum auf der Stirn. Denn einige andere Niedersachsen konnten sich natürlich eine Kandidatur vorstellen, und von ihnen schuf Boris Pistorius, der Innenminister, am schnellsten Fakten. Seine Botschaft: Ich will was, ich will das.

Pistorius ist ein Mann aus rechtem Schrot und Korn, sagt man in Niedersachsen. Er kommt aus der Glogowski-Schule, war Referent des nachmaligen Ministerpräsidenten Gerhard Glogowski. Und Oberbürgermeister in Osnabrück, der Stadt, in der die glücklichsten Deutschen leben, hieß es mal. Er steht für Recht und Ordnung und Sicherheit, aber konziliant und den Menschen zugewandt. Otto Schily lobt ihn, aber auch die gemäßigte Linke, und das will etwas heißen.

Eine ehrenvolle Niederlage kann ein Sieg sein

Dazu kommt die Partnerin im politischen Duo, Petra Köpping, die Integrationsministerin in Sachsen. Nicht naheliegend, eher überraschend war diese Auswahl – es sei denn, man bezieht Doris Schröder-Köpf mit ein, Lebenspartnerin von Pistorius und Integrationsbeauftragte des Landes Niedersachsen. Die Fachfrauen kennen sich untereinander, ist wohl anzunehmen. Und Schröder-Köpf hat schon andere zum Sieg gecoacht.

Ein Sieg dieses Duos in der SPD-Vorsitzendenkür ist nicht ausgemacht. Aber auch schon eine ehrenvolle Niederlage wäre für Pistorius ein Gewinn: Er stellt sich, zögert nicht bei höheren Aufgaben. Was im Gedächtnis haften bleibt. Das Gegenteil verbindet sich jetzt mit Stephan Weil. Der würde sicher gerne in aller Ruhe seine Nachfolge regeln. Als Wunschkandidat gilt Olaf Lies, sein Parteivize und Umweltminister. Ob Weil den noch durchsetzen kann – es wird bald offenbar werden.

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