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Ein südkoreanischer Wachmann sichert einen Zollübergang in Paju. Foto: rtr

© REUTERS

Politik: Pjöngjang schließt Industriepark

Wirtschaft und Opposition in Südkorea fordern Sondergesandten.

Berlin - Nordkorea hat angekündigt, seine rund 53 000 Arbeiter aus der gemeinsam mit dem Süden betriebenen Sonderwirtschaftzone in Kaesong abzuziehen. Ein ranghoher Funktionär erklärte, das Gewerbezentrum werde vorübergehend geschlossen, während über seine weitere Zukunft beraten werde, berichtete die nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA. Die Nachricht übt zusätzlichen Druck auf die südkoreanische Wirtschaft aus, denn die Schließung des Gewerbeparks bedeutet auch massive finanzielle Einbußen für südkoreanische Unternehmen. In den vergangenen Tagen hatten sowohl Vertreter der südkoreanischen Wirtschaft als auch Politiker der Oppositionspartei DUP mehrfach Südkoreas Regierung aufgefordert, einen Sondergesandten nach Pjöngjang zu schicken.

Nach Berichten der südkoreanischen Zeitung „JoongAng Ilbo“ schlägt die DUP für diese Aufgabe die ehemaligen US-Präsidenten Jimmy Carter und Bill Clinton vor, die bereits früher als Vermittler nach Pjöngjang gereist waren. So erreichte Clinton 2009 die Freilassung der US-Journalistinnen Laura Ling und Euna Lee, die bei Recherchen an der Grenze zwischen China und Nordkorea auf nordkoreanisches Territorium gelangt waren. Der Amerikaner Aijalon Gomes, der ebenfalls wegen illegaler Einreise nach Nordkorea inhaftiert war, kam 2010 mithilfe von Carter frei.

Im Gespräch für die Vermittlerrolle waren auch die ehemaligen US-Außenministerinnen Madeleine Albright und Hillary Clinton sowie zwei DUP-Politiker. Ihre Entsendung ist aber äußerst unwahrscheinlich, da Südkoreas Präsidentin Park Geun Hye wohl kaum einen Oppositionspolitiker nach Pjöngjang schicken wird. Park lehnte die Entsendung eines Sondergesandten zunächst ab. Leitartikel in der südkoreanischen Presse interpretierten die Entscheidung der Präsidentin als konsequent, da der momentane Konflikt ein Kräftemessen zwischen Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un und Südkoreas Präsidentin sei, in dem sie die Nerven behalten müsse.

Auch Südkoreas Vereinigungsminister Ryoo Kihl Jae sprach sich am Montag gegen die Ernennung eines Sondergesandten aus. Er erklärte, er sei zwar nicht zu stolz, den ersten Schritt zu einer Deeskalation zu wagen, doch er sehe wenig Chance auf Erfolg. Ryoo sagte, die momentanen Umstände seien einem Dialog nicht förderlich, da Nordkoreas Haltung Verhandlungen nicht ermögliche.

Unterdessen berichtete der südkoreanische Sender KBS, dass China die USA aufgefordert habe, direkte Gespräche mit Nordkorea zu führen. Beobachter spekulieren allerdings darauf, dass eventuell China selbst eine Vermittlerrolle zukommen oder dass ein neutraler Sondergesandter der Vereinten Nationen nach Pjöngjang geschickt werden könnte. Dafür kämen beispielsweise europäische Politveteranen wie Martti Ahtisaari, Gro Brundtland und Mary Robinson infrage, die Jimmy Carter 2010 auf seiner Mission nach Pjöngjang begleitet hatten.

Ein anderer Name, der bislang nicht offiziell diskutiert wurde, ist Hyun Jeong Eun, die Vorsitzende der sogenannten Hyundai-Gruppe. Hyun führt die Arbeit ihres verstorbenen Schwiegervaters, des Firmengründers Chung Ju Yung, fort. Chung hatte sich zeitlebens für eine Aussöhnung der beiden Koreas eingesetzt. Hyun verhandelte bereits mehrmals direkt mit Kim Jong Il und lernte auch Kim Jong Un persönlich kennen. Als Vertreterin der südkoreanischen Wirtschaft könnte Hyun zwar keine politischen Verhandlungen führen. Aber sie wäre durchaus in der Lage, Gespräche über die Zukunft des Kaesong-Industriekomplexes anzustoßen. Vera Hohleiter

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