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Politik: PKK entführt erstmals Abgeordneten Kurdische Rebellengruppe demonstriert Stärke

Istanbul/Berlin - Mit der ersten Entführung eines Abgeordneten des türkischen Parlaments seit Beginn des bewaffneten Kurdenkonflikts vor fast 30 Jahren hat die kurdische Rebellengruppe PKK gezeigt, wie stark sie in einigen Gebieten Anatoliens inzwischen ist. Der kurdischstämmige Politiker Hüseyin Aygün von der Oppositionspartei CHP werde „einige Tage bei uns bleiben“, sagten die PKK-Kämpfer bei der Entführung am Sonntagabend, berichtete ein wieder freigelassener türkischer Journalist.

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Istanbul/Berlin - Mit der ersten Entführung eines Abgeordneten des türkischen Parlaments seit Beginn des bewaffneten Kurdenkonflikts vor fast 30 Jahren hat die kurdische Rebellengruppe PKK gezeigt, wie stark sie in einigen Gebieten Anatoliens inzwischen ist. Der kurdischstämmige Politiker Hüseyin Aygün von der Oppositionspartei CHP werde „einige Tage bei uns bleiben“, sagten die PKK-Kämpfer bei der Entführung am Sonntagabend, berichtete ein wieder freigelassener türkischer Journalist. Von Aygün fehlte am Montag jede Spur, Forderungen der Entführer lagen nicht vor.

Aygüns Entführung in seinem Wahlkreis im ostanatolischen Tunceli folgt auf einen Bombenanschlag einer PKK-Unterorganisation im Westen der Türkei vergangene Woche. Seit Beginn des bewaffneten Konfliktes zwischen der PKK und dem türkischen Staat im Jahr 1984, dem bis heute rund 40 000 Menschen zum Opfer gefallen sind, hat die PKK mehrere hundert Menschen entführt, darunter auch örtliche Behördenvertreter. Doch ein türkischer Parlamentsabgeordneter ist bisher noch nie verschleppt worden.

Das ließ in Ankara die Alarmglocken klingeln. „Das zeigt, welche Dimension der Terror in der Türkei inzwischen erreicht hat“, sagte Aygüns Partei CAP. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan beriet am Montag mit Geheimdienstchef Hakan Fidan über die Lage. In Tunceli rollte eine groß angelegte Operation der Sicherheitskräfte an, um Aygün zu finden.

In Deutschland appellierten die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth, ihr Parteifreund Tom Koenigs, Vorsitzender des Menschenrechtsausschusses im Bundestag, sowie SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles an die PKK, Aygün freizulassen. Die Entführung des Abgeordneten der Schwesterpartei CAP habe die SPD- Spitze „erschüttert“, sagte Nahles. Sie sprach von einem „schweren Schlag für all diejenigen, die sich für eine friedliche Lösung des Kurdenkonfliktes engagieren, und dazu gehört Hüseyin Aygün“.

Nach Angaben des Journalisten Kadir Merkit von der Zeitung „Aksam“, der Aygün begleitet hatte und zusammen mit einem Berater des Politikers freikam, wurde der Wagen auf einer einsamen Landstraße von zwei bewaffneten PKK-Kämpfern gestoppt. Aygün habe sich widersetzt. „Wenn ihr schießen wollt, dann tut es gleich“, habe er gesagt. Schließlich seien die PKK-Kämpfer mit Aygün im Wald verschwunden. Die PKK bestätigte die Entführung am Montag und sprach von einer „Festnahme“.

Mehmet Özcan, Chef der Denkfabrik Strategisches Institut Ankara und Professor an der Polizeiakademie, glaubt nicht, dass es der PKK um Aygün an sich geht. „Es ist eine Botschaft, vor allem an die eigene Basis“, sagte Özcan dem Tagesspiegel. „Ich rechne mit weiteren Anschlägen.“ Thomas Seibert/Hans Monath

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