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Annette Schavan (CDU) wird von einem anonym geschriebenen Blog verdächtigt, in ihrer Doktorarbeit plagiiert zu haben.

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Update

Plagiatsverdacht: Grüne fordern "restlose Aufklärung" von Annette Schavan

Nach den anonymen Plagiatsvorwürfen gegen die Doktorarbeit von Bundesbildungsministerin Schavan will sich die Uni Düsseldorf mit dem Fall befassen. Schavan selbst hat erstmal ein anderes Problem.

Nach den anonymen Plagiatsvorwürfen gegen Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) will sich die Universität Düsseldorf mit dem Fall befassen. Dort wurde Schavan 1980 promoviert. Die Promotionskommission der Uni werde sich bald mit der Doktorarbeit Schavans beschäftigen, teilte ein Ministeriumssprecher am Mittwoch in Berlin mit. Für den Nachmittag kündigte die Universität eine Erklärung an.

In einem Internet-Blog werden zahlreiche Stellen aus der Dissertation zitiert. Schavan soll demnach Quellen nicht immer ausreichend benannt haben. Laut der Webseite „Schavanplag“ finden sich in der Arbeit der Ministerin auf 56 der 325 Seiten mutmaßliche Plagiate. Die Webseite gibt dabei sechs „herausragende“ Stellen an, die in Augen der Plagiatsjäger „schwerwiegende“ Plagiate darstellen. Die anderen Stellen seien womöglich „nur unsauber oder zu geringfügig“, heißt es auf der Webseite.

Bei zwei der „herausragenden“ Stellen beschäftigt sich Schavan mit Sigmund Freud. Die Autorin suggeriere dort, sie habe Schriften von Sigmund Freud rezipiert, heißt es. Tatsächlich habe sie aber Ausführungen von zwei anderen Wissenschaftlern über die entsprechenden Freud-Passagen übernommen, ohne das entsprechend in ihrer Arbeit zu kennzeichnen. So finden sich laut Schavanplag an den Stellen zwar Verweise auf Freuds Gesamtwerk, aber keine auf die verwendeten Wissenschaftler. Schavan übernahm laut der Webseite auch Ausführungen über den amerikanischen Philosophen George Herbert Mead „fast vollständig“ von einem anderen Autor, machte dabei aber nur eine kurze Wortgruppe als Zitat kenntlich.

An einer weiteren herausragenden Stelle habe sie – mit nur leichten Umformulierungen – drei Absätze aus einer anderen Habilitationsschrift mitsamt deren Literaturreferenzen übernommen, ohne aber den Autor der Habilitationsschrift, Antoni J. Nowak, selbst in einer Fußnote anzugeben. Auch aus dem Buch „Gewissen und Gewissensbildung in jugendkriminologischer Sicht“ von Lutz Hupperschwiller übernahm sie demnach leicht umformuliert eine ganze Seite samt Literaturreferenzen. Schavan verweise zwar auf Hupperschwiller in einer Fußnote – die Fußnote bezieht sich aber nur auf einen Halbsatz in der gesamten Passage. Als herausragend wertet die Webeite auch eine Stelle, an der Schavan einen Satz aus zwei Quellen zusammengesetzt habe, ohne die Quellen zu nennen.

Bilder: Die Plagiatsaffäre Karl-Theodor zu Guttenbergs:

Der Ruf nach Aufklärung wird nun laut. So sagt beispielsweise der bildungspolitische Sprecher der Grünen Bundestagsfraktion, Kai Gehring, dem Tagesspiegel: "Ministerin Schavan muss die gegen sie erhobenen Vorwürfe restlos aufklären. Gerade eine Wissenschaftsministerin muss Vorbild für Promovierende sein und daher alle Zweifel aus der Welt räumen.“ Der bildungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Ernst Dieter Rossmann, sagte dem Tagesspiegel: "Ich hoffe, dass da nichts dran ist. Geklärt werden muss es aber in einem wissenschaftlichen Prüfverfahren, wenn da über die anonymen Anschuldigungen hinaus mehr Substanz sein sollte."

Schavan selbst forderte den oder die Autoren des Blogs auf, sich zu erkennen zu geben. Zugleich versicherte sie, aufklären zu wollen. „Ich habe heute diese entsprechende Seite mir angeschaut, es ist eine anonyme Seite, deshalb ist meine erste Antwort: Wer sich mit meiner Dissertation beschäftigt hat, mit dem bin ich gerne bereit, über diese Dissertation zu sprechen, über das Zustandekommen“, sagte sie. Sie gebe gerne jedem Rechenschaft über die Quellen. „Mit anonymen Vorwürfen kann man schwerlich umgehen“, betonte Schavan aber.

Dass die Plagiatsvorwürfe nun Annette Schavan treffen ist besonders brisant, weil sie mit ihren Äußerungen zur Plagiatsaffäre von Karl-Theodor zu Guttenberg auch zu seinem Rücktritt als Bundesverteidigungsminister beigetragen hat. Die CDU-Vize hatte in einem Interview zum Fall Guttenberg gesagt: "Ich schäme mich nicht nur heimlich." Schavan gilt als enge Vertraute von Angela Merkel. Eine Plagiatsaffäre würde ihre Reputation als Wissenschaftsministerin und damit als eine Art Gralshütterin der Normen für wissenschaftliches Arbeiten gefährden.

Es gibt immer wieder Plagiatsvorwürfe gegen promovierte Politiker. Zuletzt hatte der Berliner CDU-Fraktionschef Florian Graf wegen Plagiatsvorwürfen die Aberkennung seines Doktortitels beantragt. Die Entscheidung wurde am Nachmittag erwartet. (mit dpa)

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