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Ein Atomkraftwerk im zentralfranzösischen Civaux.

© AFP

Plan der Regierung in Paris: Frankreich könnte bis zu 17 Atomreaktoren abschalten

Frankreich zeigt sich ambitioniert: Der Atomanteil an der Stromproduktion soll bis 2025 auf 50 Prozent gedrückt werden. Ein Bericht von EurActiv France.

Frankreich könnte nach Angaben von Umweltminister Nicolas Hulot bis zu 17 Atomreaktoren abschalten. Dies sei nötig, um das Ziel des Energiewende-Gesetzes zu erfüllen, den Atomanteil an der Stromproduktion bis 2025 auf 50 Prozent zu drücken, sagte Hulot am Montag im französischen Radiosender RTL.

Bislang kommen etwa drei Viertel des französischen Stroms aus Atomkraft. Das Land hat 58 Reaktoren.

„Jeder kann verstehen, dass wir eine gewisse Anzahl Reaktoren schließen werden, um dieses Ziel einzuhalten“, sagte Hulot. „Lassen Sie mich die Dinge planen, es werden vielleicht bis zu 17 Reaktoren sein, man muss sich das anschauen.“

Das Ziel einer Senkung des Atomkraft-Anteils an der Energieerzeugung war 2015 beschlossen worden. Bislang gibt es nur für das umstrittene Atomkraftwerk Fessenheim einen Plan zur Schließung - ein entsprechendes Dekret hatte die Vorgängerregierung noch im April auf den Weg gebracht.

Ehrgeiziger Klimaplan

Ambitioniert geht die Regierung in Paris auch beim Klimaschutz vor: Als Hulot jüngst seinen Klimaplan präsentierte, sparte er nicht mit Kritik an den USA: „Ein Hauptakteur des Pariser Klimaabkommens will sich nicht mehr an seine Versprechen halten. Das ist ärgerlich.“ Hulot bemühte sich jedoch, zwischen der „brutalen Einstellung“ von US-Präsident Donald Trump und der Haltung der amerikanischen Zivilgesellschaft zu unterscheiden.

„Wir tragen Verantwortung, wir haben versprochen, 100 Milliarden Dollar für die Finanzierung des Klimaschutzes bereitzustellen”, sagte Hulot mit Blick auf den Klimafonds, zu dem Frankreich bis 2020 insgesamt eine Milliarde Dollar beisteuern will. Darüber hinaus plant das Land, zusätzliche zwei Milliarden Dollar für eine Erneuerbare-Energien-Initiative in Afrika bereitzustellen.

Der neue Klimaplan mache Frankreich zu einer der führenden Nationen weltweit – „direkt hinter Schweden und Costa Rica“ – und zeige, dass das Handeln gegen den Klimawandel eine der Hauptprioritäten der französischen Regierung sei, sagte Hulot weiter.

Hulots Klimaplan macht deutlich, dass das Pariser Klimaabkommen „unumkehrbar“ ist. Dem Plan zufolge soll ein von Bürgern geführtes Komitee für Wirtschafts-, Umwelt- und soziale Fragen eingerichtet werden. Staatschef Emmanuel Macron hat das Komitee bereits als „Zukunftskammer“ bezeichnet.

Zunächst möchte Hulot einen Prämienmechanismus für die Verschrottung von dieselbetriebenen Autos sowie andere Prämien für die Energieunabhängigkeit einzelner Haushalte einführen. Bereits heute würden sich 14.000 französische Haushalte selbst mit Energie versorgen, und 350.000 speisen Energie in die Netze ein. Trotz derartiger Erfolgsmeldungen glaubt Hulot: „Wir können schneller voranschreiten.“

Ab 2022 keine Energie aus Kohlekraft mehr

Außerdem kündigte er an, dass Frankreich ab 2022 keine Energie mehr aus Kohlekraft produzieren werde. „Heute steht Kohle für fünf Prozent unseres Energiemixes; das ist wenig, aber immer noch zu viel“, erklärte der frühere Fernsehmoderator. Er fügte hinzu, dass der zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen (IPCC) der Ansicht sei, dass drei Viertel der verfügbaren fossilen Brennstoffe in der Erde bleiben müssten. „Wir sollten ihnen glauben“, so Hulot.

Darüber hinaus plant Frankreich, den Preis für Kohlendioxid-Emissionen zu erhöhen und somit Vorteile für kohlestoffarme Industrien zu schaffen. Demnach müssten Firmen ab 2030 mindestens 100 Euro pro ausgestoßener Tonne Kohlendioxid zahlen. Außerdem soll der Emissionsmechanismus ab diesem Jahr 50 Prozent aller Emissionen umfassen – statt der angepeilten 25 Prozent im Jahr 2020.

Das Ziel: Klimaneutralität im Jahr 2050

Während nach dem bisherigen Plan die französischen Emissionen 2050 ein Viertel der heutigen Emissionen betragen sollten, will Hulot nun komplette Klimaneutralität erreichen. Das sei „eine große und schwierige Aufgabe“, aber Frankreich sei „auf dem richtigen Weg.“

Um diese Aufgabe zu bewältigen, will Frankreich ab 2040 auch den Verkauf von benzin- und dieselbetriebenen Fahrzeugen verbieten. Der schwedische Hersteller Volvo hatte vergangene Woche bereits angekündigt, ab 2019 keine benzinbetriebenen Autos mehr zu verkaufen: Ab 2019 soll jeder neue Volvo entweder mit Elektro- oder Hybridantrieb fahren. „Wir müssen die Wirtschaft und die Umwelt in Einklang bringen”, forderte Hulot.

Umweltverbände reagieren reserviert

Trotz der Ankündigungen blieben Umweltverbände reserviert. Die Umweltorganisation WWF begrüßte Hulots Pläne, kritisierte aber, dass der Minister weiterhin keine Finanztransaktionssteuer plant. Die Organisation frage sich, wie ernst es der Regierung tatsächlich mit dem Umweltschutz sei. (mit dpa)

Übersetzung: Tim Steins

Erschienen bei EurActiv.

Das europapolitische Onlinemagazin EurActiv und der Tagesspiegel kooperieren miteinander.

Aline Robert

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