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Politik: Planspiel: Unabhängiges Kosovo

Nato und EU richten sich schon auf eine Mission in der Provinz ein – und suchen eine rechtliche Basis

Sechs Wochen vor dem geplanten Ende der Statusgespräche am 10. Dezember richten sich Nato und EU auf eine Abspaltung des Kosovo von Serbien ein. Zwar wolle man dem Ausgang der Verhandlungen nicht vorgreifen, sagte ein Nato-Diplomat in Brüssel. Das Bündnis sei jedoch auf alle Fälle vorbereitet. Die Nato- Truppe Kfor könne auch nach einer einseitigen Unabhängigkeitserklärung im Kosovo bleiben und für Sicherheit sorgen.

Ähnlich äußerte sich ein EU-Diplomat. Die EU unterstütze die Statusgespräche unter Leitung des deutschen Botschafters Wolfgang Ischinger, sagte er. Man hoffe immer noch auf eine Einigung zwischen Kosovo-Albanern und Serben. Es sei jedoch unstrittig, dass die EU nach dem Ende der Verhandlungen im Dezember die Kosovomission einleiten werde. Beim bisher größten außenpolitischen Einsatz der Union sollen bis zu 1800 Polizisten, Richter und Staatsanwälte auf den Balkan geschickt werden.

Zwar sind die Europäer immer noch uneins, ob eine Abspaltung des Kosovo politisch sinnvoll wäre. Vor allem Zypern und Griechenland widersetzen sich dieser Lösung, weil sie einen Präzedenzfall für das türkisch besetzte Nordzypern liefern könnte. Andere Skeptiker wie Spanien oder die Slowakei haben aber offenbar ihren Widerstand aufgegeben. Der portugiesische EU-Vorsitz rechnet deshalb damit, dass die 27 schon bald eine gemeinsame Haltung finden werden.

Eine Lösung zeichnet sich auch bei der Frage ab, welche völkerrechtliche Grundlage eine Kosovomission haben würde. Bisher ging man in Brüssel davon aus, dass der neue Status durch eine Resolution des UN-Sicherheitsrats abgesichert werden müsse. Da Russland ein Veto angedroht hat, scheidet diese Lösung jedoch aus. Nun sind Rechtsexperten auf einen Trick verfallen: Die bestehende Kosovoresolution 1244 von 1999 reiche aus, heißt es nun in Brüssel. Der Sicherheitsrat müsse sich nicht erneut mit dem Kosovo befassen; vielmehr könne UN-Generalsekretär Ban Ki Moon an EU und Nato appellieren, auf Basis der bestehenden Resolution tätig zu werden.

Die Europäer haben allerdings bisher immer betont, dass sie für ihre geplante Polizeimission eine neue UN-Resolution brauchen. Doch auch in der EU hat ein Umdenken eingesetzt. In der alten Resolution 1244 sei bereits eine „internationale zivile und Sicherheitspräsenz“ im Kosovo vorgesehen, heißt es. Bisher wird diese von den UN wahrgenommen. Es sei daher auch denkbar, dass die UN die Aufgabe an die EU delegiert und so die Polizeimission legitimiert.

In der EU ist diese Auslegung umstritten. Die Resolution 1244 sei zu schwach, sagte ein Experte. Denkbar sei der Bezug auf 1244 allenfalls, wenn der Kosovo zunächst auf eine einseitige Unabhängigkeitserklärung verzichte – zumindest so lange, bis die UN die EU um Hilfe gebeten haben. Doch auch diese Variante hat einen Haken: Serbien lehnt eine kreative Auslegung der UN-Resolution ab. „In 1244 wird die Unabhängigkeit des Kosovo mit keinem Wort erwähnt“, sagte Premierminister Vojislav Kostunica.

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