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Martialische Zeichen und Hassparolen bei den Unabhängigkeitsfeiern.

© REUTERS

Polen: Faschistische Parolen in Warschaus Straßen

Rechtsradikale Polen feiern die Unabhängigkeit des Landes. Die Polizei ist auf dem rechten Auge blind.

Mariusz Blaszczaks Begeisterung ist ihm anzuhören: „Der Unabhängigkeitstag war friedlich und sicher“, fasste er am Montag im gleichgeschalteten Staatsradio zusammen. Der Unabhängigkeitstag habe in einer „sehr guten Atmosphäre“ stattgefunden. „Wir konnten die weiß-roten Flaggen in den Straßen Warschaus sehen, das war ein schöner Anblick“, frohlockt Jaroslaw Kaczynskis Innenminister. Rassistische Spruchbänder wie „Weißes Polen – Weißes Europa“, „Reines Blut“ oder „Holocaust für Muslime“ will Kaczynskis enger Vertrauter „persönlich nicht gesehen haben“.

Gesehen haben sie andere Mitglieder der rechtsnationalen Regierung Polens. Der umtriebige junge Vize-Justizminister Patryk Jaki etwa regte an, solche Hassbotschaften gehörten strafrechtlich verfolgt. „Ich will jedoch nicht ausschließen, dass es sich dabei um Provokationen handelte“, fügte er schleunigst an.

Die letzten drei Unabhängigkeitstage in Polen sind tatsächlich weitgehend friedlich verlaufen. Am Sonnabend wurden in Warschau nur 45 Gegendemonstranten einer Demokratie-Initiative kurzzeitig festgenommen. Die umstrittenen Bannerträger konnten indessen ungehindert marschieren, einige davon gar „Sieg Heil!“ grölen. Die Polizei ist seit der Machtübernahme der rechtsnationalen Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) offenbar zumindest auf einem Auge blind. Deshalb gibt es von ihr auch keine Interventionen zum Beispiel im rechtsradikalen Fußballhooligan-Milieu.

Familien mit Kindern

Insgesamt zog der „Unabhängigkeitsmarsch“ laut Warschauer Polizei rund 60.000 Teilnehmer an, viele davon junge Familien mit Kindern. Die Regierungspartei war nur indirekt, etwa durch die Fangruppen der PiS-finanzierten „Polnischen Tageszeitung“ vertreten. Ein paar Stunden zuvor hatte Staatspräsident Andrzej Duda zu einer offiziellen Gedenkfeier geladen, die allerdings nur wenige hundert Polen anzog. Vielen Polen war offenbar nicht klar, wer als Organisator hinter dem Warschauer „Unabhängigkeitsmarsch“ steht. In der Tat prangt auf der Homepage des „Unabhängigkeitsmarsches“ kein ONR-Emblem. Nur wer sich die Mühe machte, den Namen des verantwortlichen Hauptorganisators, Robert Bakiewicz, zu googeln, fand heraus, wessen Geistes diese Veranstaltung sein muss.

Die liberale Oppositionspartei „Die Modernen“ hat inzwischen eine Klage gegen die Organisatoren wegen Aufrufs zu Rassenhass und der Propagierung faschistischer Ideologien eingereicht. Die rechtsliberale PO forderte ein Verbot der an der Organisation beteiligten Parteien.

Man müsse unterstreichen, dass die Berichte in der Auslandpresse arg generalisiert seien und Rechtsextremisten nur eine kleine Minderheit der Mitmarschierenden ausgemacht hätten, erklärte am Montag indes der PiS-Vizeparlamentspräsident Adam Bielan.

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