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Polen: Gemeinsam erinnern, getrennt feiern

Niemand soll stören: Festakt in Polen am 20. Jahrestag der halbwegs freien Wahlen ohne Solidarnosc.

Für die Sicherheitsbeamten ist die Wawel-Burg in Krakau ein Traum. Auf einer Anhöhe gelegen, hohe Mauern, leicht abzuschirmen. Premier Donald Tusk hatte den Ort für die Feier des 20. Jahrestages der ersten halbwegs freien Wahlen in Polen mit Bedacht gewählt. Niemand sollte den offiziellen Festakt stören, auch nicht die Gewerkschaft Solidarnosc. Vor Wochen hatten die Gewerkschaftler angekündigt, das Fest anlässlich des Sieges über die Kommunisten vor zwei Jahrzehnten mit Protesten zum Platzen zu bringen. Damit wollten sie gegen die Regierung demonstrieren und auf den Niedergang der Werften aufmerksam machen. Angesichts dessen hatte Tusk die in Danzig geplante Feier nach Krakau verlegt.

Also feierten am Donnerstag Gewerkschaften und polnische Oppositionspolitiker in Danzig, in Krakau trafen sich Staats- und Regierungschefs aus ehemaligen Ostblockstaaten. Die bedankten sich beim polnischen Volk für seinen großen Mut im Kampf gegen den Kommunismus. Hier wie dort bedauerte man, nicht gemeinsam diesen historischen Tag zu begehen.

In Krakau hob Premier Donald Tusk hervor, dass die meisten Menschen in Polen während der langen Jahre des Kriegsrechts immer an den Traum von Frieden und Freiheit geglaubt hätten. Aus diesem Grund sei er nach langem Widerstand gegen das Regime wahr geworden.

Lech Walesa, der ehemalige Führer von Solidarnosc, der sich mit seiner Gewerkschaft längst überworfen hat, betonte in Krakau allerdings, dass die Politiker im Westen dieses Wunder bis zuletzt nicht auf ihrer Rechnung gehabt hätten. So habe er den damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl gefragt: „Sind Sie bereit für den Fall der Mauer?“ Der habe geantwortet: „Das wird nicht passieren.“

Bundeskanzlerin Angela Merkel unterstrich, dass sie als ehemalige DDR-Bürgerin das Risiko dieses Einsatzes besonders zu würdigen wisse. „Der 4. Juni 1989 brachte den entscheidenden Sieg der Demokratie für Polen und letztlich für ganz Osteuropa“, sagte sie in Krakau.

Knut Krohn[Krakau]

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