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Polen-Reise: Köhler muss Kaczynski viel erklären

Horst Köhler besucht zu Beginn seiner zweiten Amtszeit Polen. Bei seinem Amtskollegen Kaczynski wirbt er für mehr Verständnis zwischen beiden Völkern - offensichtlich nicht mit allzu großem Erfolg.

Das war kein Besuch zwischen Freunden. Es war die förmliche Visite eines Präsidenten bei seinem Kollegen im Nachbarland, während derer beide Staatsoberhäupter angestrengt bemüht waren, sich keinen Fehltritt zu leisten. Dabei hatte Horst Köhler im Vorfeld immer wieder betont, dass ihm diese offizielle Auslandsreise nach Polen besonders am Herzen liege – die erste nach der Wiederwahl, bevor er am heutigen Dienstag in Paris erwartet wird. Lech Kaczynski nahm diesen Hinweis zur Kenntnis, sprach von „guten Zeichen in den deutsch-polnischen Beziehungen“, brachte aber immer wieder sein Misstrauen gegenüber dem mächtigen Deutschland zum Ausdruck.

Wohl deshalb erschien es Köhler besonders wichtig, bei seinem Amtskollegen für mehr Verständnis zwischen Polen und Deutschen zu werben – offensichtlich mit nicht allzu großem Erfolg. Lech Kaczynski habe noch „einige Fragen“ in Sachen Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung, erklärte der Gast aus Berlin diplomatisch. „Ich habe ihm versucht zu vermitteln, dass diese Stiftung der Versöhnung dienen soll, der Erinnerung an Vertreibung in ganz Europa, und habe auch versucht, dem Präsidenten zu sagen, dass es eigentlich keine ernsthafte politische Kraft in Deutschland gibt, die die Geschichte umschreiben will.“

In einem Interview mit der Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“ hatte Köhler daran erinnert, dass die Diskussion auf diesem Gebiet schon viel weiter ist. Sein Amtsvorgänger Johannes Rau und der polnische Staatspräsident Aleksander Kwasniewski hätten bereits im Oktober 2003 in Danzig gemeinsam erklärt, dass es keinen Raum mehr geben könne für Entschädigungsansprüche, für gegenseitige Schuldzuweisungen und für das Aufrechnen der Verbrechen und Verluste.

Köhler sagte zudem, Deutschland habe sich auch nach dem Karlsruher Lissabon- Urteil nicht von der europäischen Idee entfernt. Er wies darauf hin, dass der Lissabon-Vertrag zur Reformierung der EU gerade im Bundestag beraten und am Ende wohl ratifiziert werde. Das war ein deutlicher Wink an Kaczynski, das Abkommen zu unterschreiben. Zum Schluss hatte Köhler noch einige tröstende Worte für die Einwohner von Skierbieszow. Er werde seinen Geburtsort im Osten Polens während seiner zweiten Amtszeit sicher besuchen, versprach das Staatsoberhaupt. Dort werde er „über die Zukunft sprechen“. Präsident Kaczynski lächelte etwas gequält, er hatte wohl auch diesen Wink verstanden.

Knut Krohn[Warschau]

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