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Polen: Streit um Grabstätte Kaczynskis

Ein Streit um den Begräbnisort für den polnischen Präsidenten Lech Kaczynski entzweit mitten in der einwöchigen Staatstrauer das Land.

Warschau - Auslöser ist die Ankündigung, den bei einem Flugzeugabsturz in Russland getöteten Politiker in der Kathedrale auf dem Wawel in Krakau beizusetzen. Die jahrhundertelange Residenz der polnischen Könige ist bislang Monarchen und Nationalhelden als Ort der letzten Ruhe vorbehalten. Das Vorhaben von Kardinal Stanislaw Dziwisz stößt deshalb auf heftige Kritik.

Der weltbekannte Regisseur Andrzej Wajda, der einen Film über das Massaker von Katyn im Zweiten Weltkrieg gedreht hat und in Polen eine Autorität ist, sprach sich dagegen aus. „Lech Kaczynski war ein guter und bescheidener Mensch“, schrieb Wajda in einem Brief. Es gebe allerdings keinen Grund, dass er die letzte Ruhe auf der Wawel-Burg zwischen Polens Königen finden solle. Wajda warnte ausdrücklich vor Protesten und einer tiefen Spaltung der Nation. Der Regisseur rief die Krakauer Kirchenbehörden auf, diese „unglückliche“ Entscheidung rückgängig zu machen. Bereits am Dienstagabend hatten in Krakauer Altstadt mehrere hundert Menschen gegen das Begräbnis auf der Burg demonstriert. „Die Entscheidung, ihn auf dem Wawel zu begraben, ist hastig und emotional“, hieß es in einem Leitartikel der Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“.

Kardinal Dziwisz hatte am Dienstag gesagt, Kaczynski und dessen Frau Maria würden in Absprache mit der Familie des Toten am Sonntag in der Krypta der Wawel-Kathedrale beigesetzt. Zur Trauerfeier am Samstag in Warschau werden zahlreiche Staats- und Regierungschefs erwartet, darunter US-Präsident Barack Obama, sein russischer Kollege Dmitri Medwedew sowie aus Deutschland Bundespräsident Horst Köhler und Kanzlerin Angela Merkel, die getrennt anreisen wollen. Als Zeichen der Solidarität mit Polen nach dem tragischen Flugzeugunglück mit 97 Toten in Smolensk wollen die Berliner Philharmoniker beim Staatsbegräbnis am Sonntag in Krakau auftreten. Das Orchester unter Leitung von Sir Simon Rattle werde am Krakauer Altmarkt die „Metamorphosen“ von Richard Strauss aufführen, teilte die deutsche Botschaft am Mittwoch in Warschau mit.

Die Präsidentenwahl wird nach Angaben eines Beraters von Ministerpräsident Donald Tusk wahrscheinlich auf den 20. Juni vorgezogen. Eine endgültige Entscheidung über den Termin wurde nach Beratungen von Übergangspräsident Bronislaw Komorowski mit den Parteien auf die kommende Woche verschoben.

In der abgestürzten Maschine saß auch Slawomir Skrzypek, Chef der Nationalbank, dessen Posten vorerst sein Stellvertreter, Piotr Wiesiolek, übernommen hat. Dessen Kompetenz wurde aber nicht nur von Fachleuten angezweifelt. Er könnte bald durch einen einem Vertrauten des Premiers ersetzt werden. kkr/rtr/dpa

Knut Krohn

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