zum Hauptinhalt

Politik: Polens Schuld

Ermittlungen zum tödlichen Flugzeugabsturz des früheren Präsidenten Kaczynski abgeschlossen

Stundenlang hingen die Polen am Freitag am Fernseher, um Neues zum Flugzeugabsturz von Lech Kaczynski in Smolensk zu erfahren. Doch selbst nach sechs Stunden konnte Regierungschef Donald Tusk die bittere Wahrheit nicht ändern: Die Hauptschuld an dem Unglück vom 10. April 2010 liegt auf polnischer Seite. „Das Ausbildungsniveau der Belegschaft stellte eine Gefahr für die Flugsicherheit dar“, heißt es in dem mehr als 320-seitigen Regierungsbericht, der am Freitag vorgestellt wurde. 34 Experten hatten über 15 Monate daran gearbeitet. Doch sie mussten im Wesentlichen bestätigen, was eine russische Untersuchungskommission bereits im Januar festgestellt hatte. Die polnischen Piloten machten beim Landeanflug auf den Flughafen der westrussischen Stadt Smolensk gravierende Fehler. Vor allem flogen sie zu schnell und zu tief.

Bei der Landung im dichten Nebel war die TU-154 vor der Landebahn in ein Waldstück gerast und zerschellt. Alle 96 Passagiere kamen dabei ums Leben, darunter Staatspräsident Lech Kaczynski und die in Polen weit beliebtere First Lady, Maria Kaczynska. Der am Freitag vorgestellte polnische Untersuchungsbericht konnte unstatthaften Druck auf die Piloten nicht bestätigen. Auch der lange vermutete direkte Landebefehl Lech Kaczynskis wurde nach der polnischen Analyse aller drei Black Boxes nicht nachgewiesen.

Der vom polnischen Innenminister Jerzy Miller vorgestellte Report wies dafür den Russen eine Teilschuld zu. So sollen die Fluglotsen in Smolensk „falsche Anweisungen“ erteilt haben. Auch sei die Beleuchtungsanlage der Landebahn „fehlerhaft und unvollständig“ gewesen. Die Hauptschuld verortete Miller allerdings selbstkritisch bei der polnischen Seite. Schon bei der Flugvorbereitung waren offenbar gravierende Fehler passiert. So lud Kaczynski unter anderem mehr Passagiere in sein Flugzeug ein als erlaubt.

„Der ganze Report ist ein Lügenkonstrukt“, giftete bereits während der Vorstellung der Regierungskommission Antoni Macierewicz von der rechtskonservativen Oppositionspartei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS). Die von Lech Kaczynskis Zwillingsbruder Jaroslaw geleitete PiS hofft auf einen Sieg bei den Parlamentswahlen im Oktober. Infolge des Smolensk-Reports trat Verteidigungsminister Bogdan Klich zurück.

Zur Startseite