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Politik: Politik unter Verdacht: Der Oberhirte meidet das Glatteis

Er erwarte die Absolution, wenn der Trierer Bischof Hermann Josef Spital als Zeuge auftrete - so hat es sich der frühere Manager der Caritas-Trägergesellschaft Trier (CTT), Hans-Joachim Doerfert, gewünscht. Doch nicht einmal die Entlastung, die sich die Verteidigung mit der Ladung Spitals als Zeugen so sehr erhofft hat, stellt sich dann am Donnerstag vor dem Koblenzer Landgericht ein.

Er erwarte die Absolution, wenn der Trierer Bischof Hermann Josef Spital als Zeuge auftrete - so hat es sich der frühere Manager der Caritas-Trägergesellschaft Trier (CTT), Hans-Joachim Doerfert, gewünscht. Doch nicht einmal die Entlastung, die sich die Verteidigung mit der Ladung Spitals als Zeugen so sehr erhofft hat, stellt sich dann am Donnerstag vor dem Koblenzer Landgericht ein.

Seit September vergangenen Jahres sitzt Doerfert in Untersuchungshaft, das Bistum Trier hat die Rechtsaufsicht über die gemeinnützige Gesellschaft CTT. Und der Bischof will von den dubiosen Geschäften Doerferts und zwei weiterer CTT-Manager, die laut Anklage über einen Schaden von über 20 Millionen Mark angerichtet haben, nichts gewußt haben.

Der locker und sichtlich gelöst auftretende Oberhirte weist vielmehr alle Anschuldigungen seines früheren Vertrauten, er sei in alle wesentlichen Entscheidungen der CTT und ihrer Tochtergesellschaften eingeweiht gewesen, mit Nachdruck zurück. Er antwortet souverän und lässt sich auch durch bohrende Fragen der Verteidigung nicht aufs Glatteis führen. Der Bischof und sein Ex-Manager würdigen sich während der Verhandlung keines Blickes.

Er habe nur die Grundsatzentscheidungen getroffen und sich nicht um technische oder finanzielle Details gekümmert, weil er davon nichts verstehe, schildert Spital. "Da habe ich nicht so genau nachgefragt", "Das habe ich den zuständigen Organen überlassen" oder "Ich habe mich nicht darum gekümmert, wo das Geld herkam", lauten die wiederkehrenden Redewendungen des prominenten Zeugen. "Die Aufsicht des Bischofs ist die Aufsicht des Amtes des Bischofs."

Jahresabschlüsse und Verträge will er so nur "überflogen" und dann an den "Fachverstand" des Bistums weitergeleitet haben. "Ich habe als Bischof mein Amt so verstanden, dass ich den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen Vertrauen entgegengebracht habe, damit sie Freude an der Arbeit haben." So habe er Doerfert auch das einflussreiche Amt als Vorstandsvorsitzender der CTT übertragen, weil er sich darauf verlassen habe, "dass alles nach Recht und Ordnung zugeht". Dies sei in den ersten fünf Jahren des Bestehens der gemeinnützigen Gesellschaft, die 42 Kliniken, Altenheime, Pflegeeinrichtungen und Schulungszentren mit 9000 Mitarbeitern betreibt, auch der Fall gewesen. Doerfert habe ihm mehr über Erfolge als über Schwierigkeiten berichtet. Umstritten sei der Ex-Manager schon immer gewesen. Aber warum? Er, Spital, sei nicht dahinter gekommen.

Laut Anklage hat sich der einstige Vertraute des Bischofs in dem von ihm autoritär geführten Imperium immer weiter in dubiose Finanz- und Immobiliengeschäfte verstrickt, munter Millionen-Kredite ohne Rückzahlungsverpflichtungen gewährt, und fingierte Werbe- und Beraterverträge abgeschlossen. Die Auswirkungen des undurchschaubaren Finanzgebarens reichten bis in die Politik hinein. Scheinverträge sind jetzt Bundesverkehrsminister Reinhard Klimmt (SPD) zum Verhängnis geworden. Als damaliger Präsident des Regionalligisten 1. FC Saarbrücken hat er von der gemeinnützigen Gesellschaft mit 615 000 Mark seine Kicker sponsern lassen. Sein Vizepräsident, der heutige saarländische CDU-Innenminister Klaus Meiser, mischte damals munter mit.

Mit Stolz habe ihm Doerfert berichtet, dass die CTT aus den Kontakten zu Politikern, vor allem auch zu Klimmt, Nutzen für die CTT ziehen könne, sagt Spital aus. Er habe jedoch keine Ahnung gehabt, dass CTT-Gelder nach Saarbrücken geflossen seien. Wenn Klimmt, den er "eigentlich geschätzt" habe, Geschäfte mit Doerfert gemacht habe, "muss er auch dafür gerade stehen", kommentiert Spital am Rande des Prozesses den Minister-Rücktritt.

Die Doerfert-Affäre hat die gemeinnützige CTT und ihre Tochterfirmen an den Rand des Ruins getrieben. Noch ist sie nicht über den Berg. Nach seiner Zeugenvernehmung bekannte der Bischof vor Journalisten, dass alles so gelaufen sei, wie es gelaufen ist, tue ihm leid. Er hoffe, dass der Schaden, der für den Begriff der Caritas unzweifelhaft entstanden sei, aufgearbeitet werden könne.

Heidi Parade

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