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Politik: „Politisch entgleist“

DGB-Chef vergleicht Reformen mit Politik der Weimarer Republik

Von Michael Mara und

Thorsten Metzner, Potsdam

Brandenburger Sozialdemokraten sprechen von „politischen Entgleisungen“. Und CDU-Landeschef und Innenminister Jörg Schönbohm sieht einen Versuch, „mit der Axt Wurzeln der Gemeinsamkeit aller Demokraten zu zerschlagen“: Beim Arbeitnehmerempfang der Brandenburger SPD zum 1. Mai hat Berlin-Brandenburgs DGB-Chef Dieter Scholz die Kanzlerreformen mit der Politik vor der Machtergreifung Hitlers verglichen und damit einen schweren Eklat provoziert.

Ministerpräsident Platzeck (SPD) wies Scholz unter Beifall zurecht: „Ich lasse nicht zu, dass Gerhard Schröder auch nur implizit mit dem Notverordnungskanzler Brüning verglichen, dass die Weimarer Zustände mit der Berliner Republik gleichgesetzt werden.“ Auch ein führender Gewerkschafter dürfe Grenzen nicht überschreiten. Scholz hatte gesagt: „Ich finde die Parallelität der angeblichen Krisenursachen, die Art der Bekämpfung der Wirtschaftskrise und der ideologischen Nutzung von Begriffen damals und heute schon erschreckend.“ Als Beispiele nannte er Sozialabbau, Angriffe auf Gewerkschaften, Zerstörung der Tarifautonomie, Steuersenkung für Firmen. Wie damals werde dies unwirksam sein. Hier liege die Lehre der Geschichte und die aktuelle Gefahr.

Er sei „entsetzt über den völlig geschichtslosen Vergleich“, so der SPD-Bundestagsabgeordnete Peter Danckert, der während der Rede demonstrativ den Saal verlassen hatte. Der DGB müsse entscheiden, „ob er mit einem Landeschef weiterleben kann, der als ernst zu nehmender Gesprächspartner schwer beschädigt ist“. Staatskanzleichef Rainer Speer sprach von „einem absurden historischen Vergleich“. Die Art und Weise, wie Gewerkschaften derzeit mit der SPD umgingen, sei „unangemessen“. Die Bundesrepublik 2003 sei nicht mit Deutschland vor 1933 zu vergleichen, so der SPD-Landtagsabgeordnete und Gewerkschafter Ulrich Freese. Scholz habe sich auf Glatteis bewegt und sei ausgerutscht. CDU-Landeschef Schönbohm gab den erzürnten Sozialdemokraten recht: Der DGB-Chef habe die Geschichte der Weimarer Republik und der Machtergreifung nicht begriffen. Die Ausgangssituation sei heute völlig anders. Die Diskussion mit einem solchen Funktionär falle schwer.

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