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Der Ehrenvorsitzende Edmund Stoiber und CSU-Chef Horst Seehofer.

© dpa

Politischer Aschermittwoch der CSU: Edmund Stoiber sticht Horst Seehofer aus

Beim politischen Aschermittwoch betonen Edmund Stoiber und Horst Seehofer die konservative Linie der CSU und kritisieren die AfD.

Von Robert Birnbaum

Eigentlich, sinniert einer der Wichtigeren in der CSU am Abend davor, eigentlich sind die Zeiten zu ernst für ein Passauer Aschermittwochsgebrüll. Aber den „größten Stammtisch der Welt“ einfach mal ausfallen lassen, und das ausgerechnet zum 100. Geburtstag von Stammvater Franz Josef Strauß – davon kann sogar Horst Seehofer nur ganz im Stillen träumen. Seehofer schlägt immer drei Kreuze, wenn der Aschermittwoch vorbei ist. Der CSU-Chef taugt nicht als Bierzeltredner, stimmlich nicht und vom Temperament. Aber Tradition verpflichtet. Und außerdem gibt es ja noch Edmund Stoiber.

Pünktlich um zehn zieht der Ehrenvorsitzende dicht hinter dem Vorsitzenden in die Dreiländerhalle ein. Es bläst die übliche Passauer Stadtkapelle, die Gäste im Saal klatschen rhythmisch, an den Wänden hängen die üblichen Spruchbanner. Früher waren die schon mal garstig wider Sozen und anderes Pack, diesmal hat der großkoalitionäre Wattefilter nur Fremdenverkehrsvereinsjargon passieren lassen: „Mir san dabei“, wird versichert, oder „Bayern mit Tradition“. Wie üblich hält ein Rentnerpaar zwei selbst gemalte Plakate hoch. Das eine erinnert an einen gewissen Karl-Theodor, das andere will „Bayern stark mit Strom autark“.

Das Rentnerpaar hat sich in seinen plakativen Hoffnungen praktisch immer geirrt. Seehofer wird zum zweiten Punkt später sinngemäß erklären, dass es ihm egal sei, ob die anderen Bundesländer den Bayern keine Gaskraftwerke bezahlen wollen. Wer die Gaskraftwerke stattdessen bezahlen soll, sagt er aber auch nicht.

Höflicher Applaus für Seehofer

Seehofer sagt außerdem, dass die CSU dafür sorgen wird, dass Bayern immer Bayern bleibt, dass es den Länderfinanzausgleich blöd findet und dass er das alles mit der Kanzlerin besprochen habe, deren Wirken für Frieden in Europa heute die ganze Welt vertraue, weshalb alles so kommen werde, wie er das sage. Nach einer halben Stunde endet er etwas abrupt mit der Versicherung, dass auch sein Herz für Bayern schlage. Es wird höflicher Applaus spendiert. Seehofer winkt einmal kurz und geht wieder zurück nach unten an den Vorstandstisch.

Den Jubel, für den sie doch alle hierhergekommen sind, sogar zum 40. Mal aus dem niedersächsischen Peine – diesen Jubel entfacht Stoiber. Er hat Strauß erlebt und ihm gedient, jetzt wird er sein Sachwalter im Namen des „Vereins für klare Aussprache“: „Wir grüßen Dich im Himmel!“ Und dann spricht der Mann aus Brüssel alles an, was die Leute im blau-weißen Fremdenverkehrsbayern genauso umtreibt wie anderswo: den Terror, die Ukraine, die Griechen, die AfD.

Stoiber: "AfD aufs Korn nehmen wie Republikaner"

Mit der neuen Konkurrenz fängt er an, „Emporkömmlinge“, die bloß Probleme beklagten, aber keine Lösungen hätten. Vom Totschweigen nach CDU-Manier hält Stoiber nichts: „Wir müssen meines Erachtens diese AfD aufs Korn nehmen so wie wir die Republikaner aufs Korn genommen haben!“ Von Islamverstehen nach Angela-Merkel-Manier hält er auch nichts. „Der Islam gehört zu Deutschland“ – im Saal ruft einer laut „Pfui!“ bei dem Zitat; Edmund Stoiber findet den Satz falsch.

Wer jetzt aber einen Ausflug ins christliche Abendland erwartet hätte, liegt daneben. Die wohlfeile Lösung bleibt später Seehofer überlassen: „Das Christentum gehört zu Deutschland.“ Stoiber ist viel subtiler, ein Verfassungspatriot mit dem Rechtsstaat gegen die Scharia: „Die deutsche Leitkultur sind die ersten 20 Artikel des Grundgesetzes!“

Aber Stoiber ist auch freier als der amtierende Vorsitzende einer Großkoalitionspartei. Er habe den EZB-Chef Mario Draghi bisher gegen Kritik unterstützt, sagt er, aber jetzt sei Schluss. „Das billige Geld kann nicht die Lösung sein“, warnt Stoiber. „Wenn das so weitergeht, bezahlen das nicht nur die heutigen Sparer, sondern auch die Rentner von morgen.“ Im Saal wird das übliche Gemurmel leiser. „Sparen ist eine deutsche Tugend“, sagt Stoiber, deshalb müsse man offen darüber reden, dass der Sparer nicht der Dumme sein dürfe: „Ich vermisse das ein bisschen.“ Unten am Präsidiumstisch gucken etliche, als könnten sie keinesfalls gemeint sein.

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